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Numerische und experimentelle Untersuchungen zur Rissbildung beim Trockenpressen metallischer Pulver

Fachliche Zuordnung Glas und Keramik und darauf basierende Verbundwerkstoffe
Förderung Förderung von 2007 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 35305689
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem ersten Förderzeitraum wurde zunächst eine Methodik erarbeitet, mit der die makroskopische Materialantwort eines Agglomerats aus deformierbaren Partikeln und die lokalen Wechselwirkungskräfte berechnet werden können. Damit können mikrostrukturelle Eigenschaften eines Pulvers gezielt eingestellt und deren Auswirkungen auf das makroskopische Deformations- und Versagensverhalten untersucht werden. Die Methodik erlaubt es insbesondere, sowohl makroskopische Deformations- als auch Spannungsgeschichten beliebig vorzuschreiben. Damit ist es möglich, die für eine Beschreibung der Pulververdichtung im Rahmen der Plastizitätstheorie wichtige Fließortkurve und deren Abhängigkeit von Kompaktierungs- Vorgeschichte und Pulvercharakteristika zu ermitteln. Es ist insbesondere möglich, den Einfluss von plastischer Deformation in- und Reibung zwischen den Partikeln auf das makroskopische Fließverhalten zu quantifizieren. So konnte ein mehr oder weniger ausgeprägter Übergangsbereich von Spannungszuständen identifiziert werden, in dem beide dissipativen Mechanismen wichtig sind. Viele Materialmodelle für die Pulverkompaktierung aus der Literatur arbeiten hier mit einem scharfen, mehr oder weniger heuristisch festgelegten Übergang zwischen diesen Bereichen in Form einer Ecke in der Fließortkurve, die in Theorie und numerischer Umsetzung einige Schwierigkeiten verursacht; dies ist vor dem Hintergrund der hier gewonnenen Ergebnisse kritisch zu bewerten. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse einen in bestimmten Bereichen nicht zu vernachlässigenden Einfluss des Reibungskoeffizienten, was im Widerspruch zu in der Literatur veröffentlichten Folgerungen aus vereinfachten Modellvorstellungen steht. Weitere Ergebnisse beziehen sich auf die Charakterisierung der bei der Kompaktierung entstehenden Anisotropie. Diese Richtungsabhängigkeit der Materialeigenschaften wurde in den Untersuchungen qualitativ erfasst. Neben den oben genannten Ergebnissen, die sich auf die Beschreibung des Materialverhaltens bei der Kompaktierung beziehen, wurden Untersuchungen zu den relevanten Bedingungen durchgeführt, unter denen ein zu entwickelndes Stoffgesetz verwendet werden soll. Simulationen zum Ausstoßen eines gepressten Grünkörpers unter Berücksichtigung des Kontakts mit der Matrize zeigen am Austritt komplexe Spannungsfelder, die durch signifikante Abweichungen von einer „proportionalen“ Belastung gekennzeichnet sind: Die Hauptspannungsrichtungen und das Verhältnis von hydrostatischem Druck zu Vergleichsspannung (Spannungsdreiachsigkeit) ändern sich räumlich und zeitlich drastisch. An der Oberfläche des Bauteils finden beim Verlassen der Matrize plastische Deformationen statt, die etwas weiter im Inneren zu Zugspannungen führen. Dies wirft neues Licht auf die gängige Vorstellung, dass im betreffenden Bereich Schubspannungen die relevante Belastung darstellen. Zukünftige Arbeiten werden sich mit vor allem mit der Frage nach der adäquaten Beschreibung des plastischen Fließens und den Verfestigungseigenschaften des gepressten Pulvers bei kleinen hydrostatischen Drücken bzw. Spannungsdreiachsigkeiten zu beschäftigen haben. Hier ist insbesondere die zu erwartende Abweichung von der in der Metallplastizität gültigen „Normalenregel“, die eine wesentliche Annahme bei der Materialbeschreibung darstellt, qualitativ zu erfassen. Dies ist essentiell für das angestrebte Ziel, das Versagen durch Kenngrößen, die aus der kontinuumsmechanischen Beschreibung des Materialverhaltens zu gewinnen sind, zu signalisieren (Akustiktensor, Dehnungslokalisierung). Im Zusammenhang mit den im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Eigenschaften der berechneten Fließflächen ist anzumerken, dass in einer jüngst veröffentlichten Arbeit ein Modell vorgeschlagen wird, in dem der beobachtete „weiche“ Übergang von Plastizitäts- zu Reibungs-dominierten Deformationsmechanismen wiedergegeben wird. Das Modell basiert auf einem physikalisch transparenten Ansatz für die „Dissipationsfunktion“ - aus der die Fließortkurve abgeleitet werden kann - und kommt ohne willkürliche Annahmen bezüglich letzterer aus. Es bietet sich daher als Basis für weitere Arbeiten an. Daneben soll der Ansatz, aus den detaillierten FE-Simulationen „effektive“ Kraft-Abstandsgesetze für die diskrete Partikel Methode (DEM) zu gewinnen, weiter verfolgt werden. Hiermit werden dann Simulationen mit realistischeren Partikelzahlen möglich. Bei den vorgenannten Arbeiten wird vor allem die bislang nicht berücksichtigte Kohäsion zwischen den Partikeln zu berücksichtigen sein. Schließlich ist zu erwähnen, dass die im Förderzeitraum entwickelte Methodik nicht auf Anwendungen im Zusammenhang mit den hier untersuchten Pulvermaterialien beschränkt ist. Vielmehr steht damit ein sehr vielseitiges Werkzeug zur Verfügung, mit dem Fragen zum Einfluss mikrostruktureller Eigenschaften eines Materials auf das makroskopische Verhalten untersucht werden können. Hieraus ergibt sich eine Vielzahl möglicher Anwendungen des bisher Erarbeiteten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • “Numerical homogenisation of elasto-plastic granule assemblies using discretised particles”. Euro PM 2008, vol. 3, EPMA, Shrewsbury, U.K. (2008) 169-173
    I. Schmidt, T. Kraft, H. Riedel
  • “An analysis of the stress state in a green part during ejection from the die”. Euro PM 2009, vol. 3, EPMA, Shrewsbury, U.K. (2009) 53-58
    J. Heinonen, I. Schmidt
 
 

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