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Die venezianische Armee auf osmanischem Boden 1684-1718. Translokalisierung, Kriegserfahrung, Transkulturation
Antragsteller
Professor Dr. Markus Koller
Fachliche Zuordnung
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 354276905
Ziel des Projektes bleibt die Untersuchung und Darstellung der Kriegserfahrung der Soldaten der venezianischen Armee in den von ihr eroberten, besetzten und zum großen Teil wieder verlorenen osmanischen Gebieten Dalmatiens, Albaniens und Griechenlands in den beiden Moreakriegen 1684-1699 und 1715-1718. Auch für militärische Formen von Mobilität gilt: Sie stellt nicht nur eine Verknüpfung von Abreise- und Endpunkt dar, sondern umfasst auch das Durchqueren von Räumen und dabei entstehende Prozesse von Translokalisierung und Transkulturation. Der verfolgte Ansatz, militärische Mobilitäten als „transkulturelle Verflechtungen" zu analysieren, hat sich als fruchtbar erwiesen und soll darum in der zweiten Projektphase weiterverfolgt werden.Die Untersuchung soll auf zwei Ebenen durchgeführt werden, die mit zwei verschiedenen Quellengattungen korrespondieren:Zum einen handelt es sich um Selbstzeugnisse von venezianischen und angeworbenen Vertretern der militärischen Elite (vom Fähnrich an aufwärts). Diese Dokumente, die bisher von der Forschung zu wenig beachtet, geschweige denn ausgeschöpft wurden, erweisen sich als exzeptionelle Quellen für eine vertiefter Analyse militärischer Mobilitäten und Verflechtungen. An individuellen Beispielen zeigt sich, wie die Soldaten ihre Vorstellungen vom Krieg gegen die Osmanen wie vom Osmanischen Reich selbst mit der vorgefundenen Realität abglichen und wie sich ihre Interaktions- und Kooperationsmuster mit „Kollegen“ der eigenen und der fremden Armee sowie „Einheimischen" des eroberten osmanischen Gebietes veränderten. Auch Produktion und interkulturelle Transfers militärischer Erfahrung und militärischer Wissensbestände innerhalb der ethnisch und religiös heterogenen venezianischen Armee, wie auch zwischen den Armeen der beiden verfeindeten Lager sowie mit „dritten“ europäischen Mächten sollen anhand dieses Materials beleuchtet werden. Zum anderen konnten in der ersten Projektphase bisher unbekannte Akten der venezianischen Militärverwaltung der eroberten Territorien lokalisiert werden. Diese von staatlichen Behörden hinterlassenen Quellen ersetzen bis zu einem gewissen Grad fehlende Selbstzeugnisse von venezianischen Mannschaftsrängen. Der bereits für die erste Projektphase formulierte Vorsatz, möglichst viele Aspekte der Lebenswelt von Unteroffizieren und einfachen Soldaten zu erfassen, soll deshalb weiterverfolgt werden. Dies betrifft deren Alltag von der Rekrutierung über die Anfahrt zum Kriegsschauplatz, bei Garnisons-, Lager- und Felddienst, Einquartierungen und andere Begegnungen mit der Zivilbevölkerung (auch mit Frauen) und schlaglichtartig selbst die Erfahrung, Deutung und Verarbeitung von Kampf und Gewalt, von Desertion und Gefangenschaft, von Heimkehr oder Krankheit, Verwundung und Tod.
DFG-Verfahren
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