Westdeutsche "Entwicklungshilfe" und ostdeutsche "Solidarität" in Afrika südlich der Sahara 1955-1975. Akteure zwischen Kolonialschuld und Machtstreben
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Habilitationsprojekt untersucht die Diskurse und Praktiken von westdeutscher „Hilfe zur Selbsthilfe" und ostdeutscher „Solidarität" im Zeitraum 1955-1975 in den Schwerpunktländern Togo, Tansania und Kamerun, wo es gerade bei diesen immer wieder als „gut" gepriesenen Formen der Entwicklungszusammenarbeit zu deutsch-deutschen Konkurrenzen kam. Anders als in vorliegenden Studien stehen Experten, Entwicklungshelfer und Brigademitglieder und ihre jeweiligen afrikanischen Counterparts im Zentrum einer Kulturgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit. Mit dieser Perspektive ist der Anspruch verbunden, die Übereinstimmungen und Differenzen zwischen koordinierendem „Zentrum" und (scheinbar nur ausführender) „Peripherie" sichtbar zu machen. Auch werden die beteiligten afrikanischen Akteure nicht als passive Empfänger, sondern als aktiv Handelnde im Sinne von „Verflechtungsgeschichten" in den Blick genommen. Gezielt werden konkrete Erfahrungen und Aushandlungen in Projekten vor Ort in den Blick genommen. In vier aufeinander aufbauenden Teilen fragt die Arbeit erstens nach den historischen Hintergründen und Dimensionen der Konzepte „Hilfe zur Selbsthilfe" und „Solidarität" sowie der damit verbunden deutsch-deutschen Konkurrenz, zweitens nach der Herkunft, den Motiven, der Auswahl und Ausbildung der beteiligten Akteure, drittens nach konkreten Verhandlungen in Entwicklungspraktiken anhand von Fallstudien vor Ort und viertens nach den historischen Kategorien für Gelingen und Scheitern der Projekte sowie nach den sozialen Auswirkungen und Konsequenzen. Insgesamt ist es Ziel zu zeigen, dass und wie die mit einander konkurrierende „Hilfe zur Selbsthilfe" und „Solidarität" beider deutscher Staaten entgegen erklärter Absichten auch mit stark asymmetrischen Machtverhältnissen, mit Prozessen sozialer Exklusion, Stigmatisierung von Menschen als „primitiv" und „nicht entwickelbar" oder gar mit brachialer Gewalt einhergehen konnten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Im Tropenkoller- Hybride Männlichkeit(en) in ethnologischen Texten 1900-1960. In: Ulrike Brunotte, Rainer Herrn (Hg.), Produktion und Krise hegemonialer Männlichkeit in der Moderne, Bielefeld 2008, 241-256
Büschel, Hubertus
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In Afrika helfen. Akteure westdeutscher „Entwicklungshilfe" und ostdeutscher „Solidarität" 1955-1975. In: Archiv für Sozialgeschichte 48 (2008), 333-365
Büschel, Hubertus
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Eine Brücke am Mount Meru - Zur Globalgeschichte von Hilfe zur Selbsthilfe und Gewalt in Tanganjika. In: Hubertus Büschel, Daniel Speich (Hg.), Entwicklungswelten - Zur Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit (= Globalgeschichie Bd. 6), Frankfurt/M., New York 2009, 175-206
Büschel, Hubertus
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Einleitung - Konjunkturen, Probleme und Perspektiven der Globalgeschichte von Entwicklungszusammenarbeit. In: Hubertus Büschel, Daniel Speich (Hg.), Entwicklungswelten - Zur Globalgeschichie der Entwicklungszusammenarbeit (= Globalgeschichte Bd. 6), Frankfurt/M., New York 2009, 7-29
Büschel, Hubertus, Daniel Speich
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Entwicklungswelten - Zur Globalgeschichte der Entwicklungszusammenarbeit. (= Globalgeschichie Bd. 6), Frankfurt/M., New York 2009
Büschel, Hubertus, Daniel Speich
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Die Moral der Experten - Krise und Reformen in der deutschen „Entwicklungshilfe" und „Solidarität" im tropischen Afrika der 1970er Jahre. In: Journal für Entwicklungspolitik 3 (2010), 29-48
Büschel, Hubertus
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Geschichte der Entwicklungspolitik, Version: 1.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010
Büschel, Hubertus