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"Gurbet Istanbul." Immigranten in der osmanischen Hauptstadt, 1500-1800

Antragstellerin Denise Klein, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 355518240
 
Ziel des Projekts ist eine Monographie über Migrationserfahrung in Istanbul zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. Als eine der dynamischsten und vielfältigsten Städte der Welt jener Zeit war die osmanische Hauptstadt Anziehungspunkt für Zuwanderer nicht nur aus den Provinzen, sondern weit über die Grenzen des Reiches hinaus. Anders als die bisherige Forschung, die meist darauf fokussierte, wie der Staat und die Istanbuler Gesellschaft mit dem Zustrom von Migranten umgingen, wähle ich die entgegengesetzte Perspektive und untersuche wie diejenigen, die in der Suche nach Arbeit oder einem besseren Leben in die Stadt kamen, mit der Migrationserfahrung umgingen und Istanbul zu ihrem neuen Zuhause machten.Das Projekt greift neben der Forschung zur osmanischen Immigration und Istanbul auch auf die Erkenntnisse zu Migrationsphänomenen in anderen historischen Kontexten zurück. Die Monographie soll sechs Kapitel umfassen, die den Weg der Einwanderer nachzeichnen: Von 1) dem Abschied von Zuhause über 2) die erste Begegnung mit der neuen Stadt und 3) die Aufnahme durch die lokale Bevölkerung bis hin zum 4) Prozess des Einlebens und Anpassens an die neue Umgebung bei 5) gleichzeitigem Aufrechterhalten der Verbindung in die alte Heimat mit 6) all den emotionalen Auswirkungen, die Immigration mit sich bringt.Die Arbeit basiert auf einer breiten Auswahl literarischer und Archivquellen, von denen viele bislang nicht oder kaum ausgewertet wurden. Von Bedeutung sind Texte, die einen besonders persönlichen Charakter aufweisen, beispielsweise Tagebücher, Briefe, Gedichte, und biographische Wörterbücher. Geschichtsschreibung, politische und medizinische Texte sind weitere Quellen. Ebenso herangezogen werden Gerichtsprotokolle und Befehlsschreiben. Die Untersuchung von Einwanderern leistet einen wesentlichen Beitrag zu Kernthemen der osmanischen Geschichte. Sie eröffnet eine neue Perspektive auf die Geschichte der Stadt Istanbul, die seit langem im Fokus der Forschung steht. Sie trägt bei zur Diskussion über Raum im osmanischen Kontext durch die Einführung eines durch Migrationsflüsse immer wieder neu definierten osmanischen Raums. In diesem Rahmen unterstreicht die Studie auch die Bedeutung der Verflechtungen zwischen dem Osmanischen Reich und seinen Nachbarn im Osten und Norden, die durch den meist nach Westen gerichteten Blick oft übersehen werden. Im Zentrum des Buches steht die kontrovers diskutierte Frage nach Identität und Zugehörigkeit in der vor-modernen osmanischen Welt. Dadurch, dass das Projekt alle Einwanderer unabhängig von ihrer religiösen, ethnischen oder sozialen Zugehörigkeit in den Blick nimmt, überschreitet es die starren und oft irreführenden Kategorisierungen, die den Untertanen des Sultans traditionell auferlegt wurden. Gleichzeitig schlägt es eine neue Form von Zugehörigkeit vor, die auf der geteilten Migrationserfahrung basiert. Schließlich bietet das Buch einen ersten Beitrag zum Thema Emotionen in der osmanischen Welt.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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