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Die Rückkehr der Wölfe. Kulturanthropologische Studien zum Prozess des Wolfsmanagements in der Bundesrepublik Deutschland

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 356255982
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Unterschutzstellung von Wölfen im Zuge (inter-)nationaler Gesetzgebung ermöglichte diesen, aus den Peripherien in die Regionen Europas hinein zu wandern. Diese Wanderungen und das Beziehen neuer Quartiere bedingten im dicht besiedelten Europa verstärkt Begegnungen zwischen Wölfen und Menschen. Die Menschen kannten Wölfe bis dahin allenfalls aus Märchen oder aus Zoologischen Gärten, waren mithin wenig auf die leibhaftige Begegnung vorbereitet. Mit der sogenannten „Rückkehr“ der Wölfe waren daher in vielen Regionen in Europa insbesondere für Menschen in weniger dicht besiedelten Räumen zahlreiche Herausforderungen verbunden: Eltern sorgten sich darum, ihre Kinder in Waldkindergärten zu bringen, und Halter:innen von Schafen, Ziegen, Pferden, Rindern und anderen im Freiland grasenden Tieren erlebten die Begegnungen mit Wölfen ebenso als unmittelbare Gefährdung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Existenz wie als emotionale Belastung. Das von der DFG finanzierte Projekt über die „Rückkehr der Wölfe“ stellt den bislang vorherrschenden naturwissenschaftlichen Forschungen kulturanthropologische Studien zum Prozess des Wolfsmanagements in der Bundesrepublik Deutschland an die Seite. Dieser Ansatz wurde auch dank der in Deutschland noch wenig verbreiteten Multspezies Studien möglich. Multispezies Studien untersuchen das Zusammenwirken von Menschen und anderen Lebewesen. Das Würzburger Projekt setzte von Anfang an auf dieses innovative Forschungsfeld, das eine Brücke zwischen etablierten natur- und neuen kultur- und sozialwissenschaftlichen Forschungen schlägt. Das Projekt fragte am Beispiel zweier Fallstudien in der Bundesrepublik Deutschland danach, was in der Vielfachkrise des 21. Jahrhunderts in europäischen Gesellschaften mit und über Wölfe ausgehandelt und was durch die Tiere sichtbar wird. Nicht nur die anderen Ausgangslagen, auch differierende (historische) Erfahrungen bedingten dabei im Einzelnen ganz verschiedene Praktiken und Haltungen im Umgang mit Wölfen. Projektkonstuierend war damit von Anfang an eine enge Zusammenarbeit mit europäischen Forscher:innen. Am Beispiel der Fallstudie aus Niedersachsen zeigten sich ebenso die durch Wölfe herausgeforderten sozialen Logiken der ländlichen Nischenökonomien wie ein steter, intensiver und überaus anstrengender Lernprozess. Deutlich wird die Notwendigkeit offener Aushandlungsprozesse (mit hoher gesellschaftlicher Gesamtverantwortung), die letztlich Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration der tierlichen Zuwanderer sind. Vergleichbar zeigte die Fallstudie in der Lausitz eine beeindruckende Polyphonie in Sachen der hier bereits länger lebenden Wölfe. Zugleich stimulieren die Tiere hier wie in zahlreichen anderen Regionen Europas ein fortwährendes Erzählen; letztlich sind die Wölfe auch selbst als Erzählende begreifbar, die in und durch ihr Handeln fortwährend Raum und Identität mit herstellen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Mit Wölfen Lausitz erzählen. Werkstattbericht zum Multispecies Storytelling. In: Tierstudien 6 (2019): 94–103
    Heyer, Marlis
  • Von traumatisierten Schafen und verwundbaren Lebenswelten. Stimmen von Weidetierhalter*innen aus Niedersachsen. In: Museum am Rothenbaum: Von Wölfen und Menschen. Hamburg 2019: 41–50
    Arnold, Irina
  • Wer zum Haushalt gehört. Ethiken des Zusammenlebens in der Diskussion. In: Tierethik 11 (2019): 12–33
    Fenske, Michaela/Heyer, Marlis
  • Encounters with Wolves: Dynamics and Futures/Begegnungen mit Wölfen. Bautzen 2020 (Kleine Reihe des Sorbischen Instituts Bautzen 32)
    Heyer, Marlis/Hose, Susanne (eds.)
  • Getting close(r). Alive or dead: Biography, Individuality and Agency of the Wolf MT6. In: Fenske/Tschofen: Managing the Return of the Wild. Human Encounters with Wolves in Europe. London/New York 2020: 142-163
    Arnold, Irina
  • Made of Stone, Flesh and Narration – ‚the wolf‘ as contested lieu de mémoire. In: Fenske/Tschofen: Managing the Return of the Wild. Human Encounters with Wolves in Europe. London/New York 2020: 29-46
    Heyer, Marlis/Hose, Susanne
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4324/9781351127783-3)
  • Managing the Return of the Wild. Human Encounters with Wolves in Europe. London/New York 2020
    Fenske, Michaela/Tschofen, Bernhard (eds.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4324/9781351127783)
  • Menschen, Wölfe und andere Lebewesen. Perspektiven einer Multispecies Ethnography. In: Museum am Rothenbaum: Von Wölfen und Menschen. Hamburg 2019: 33–40
    Fenske, Michaela
  • Wissen, lernen, anders machen. Die Rückkehr der Wölfe als Lernprozess. In: Hamburger Journal für Kulturanthropologie 13 (2021): 317–327
    Arnold, Irina
 
 

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