Topoklimatische Steuerung und nicht-lineare Dynamik der Klimawandelresonanz von Gletschern in Hochasien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Projekt „Topoklimatische Steuerung und nicht-lineare Dynamik der Klimawandelresonanz von Gletschern in Hochasien” wurde eine Kombination von Methoden aus Fernerkundung, multivariater Statistik, Machine Learning, Geomorphometrie und Modellierung angewendet, um großräumige Analysen mit hoher räumlicher Auflösung zu ermöglichen. Besonderes Augenmerk galt hierbei der Erweiterung des Beobachtungszeitraums und der Einbeziehung von Gletschertopographie und lokalklimatischer Effekte, die in Hochgebirgsregionen die Gletscherdynamik stark beeinflussen und potentiell zu nicht-linearen Anpassungspfaden an geänderte klimatische Rahmenbedingungen führen können. Als zentrale Metrik, die im Projekt großräumig erfasst und die Basis für weitere Analysen darstellen sollte, war im Projektantrag die Gletschergleichgewichtslinie (engl. equilibrium line altitude, ELA) vorgesehen. In den ersten Wochen der Projektbearbeitung wurden stichprobenartig Daten zur rTRAM-Berechnung für einzelne Gletscher im gesamten Untersuchungsgebiet zusammengetragen. Hierbei zeigte sich, dass die im Projektantrag getroffenen Annahmen zur Übertragbarkeit der rTRAM-Methode auf andere Regionen Hochasiens zu optimistisch waren, und dass es bedeutende Einschränkungen sowohl in Bezug auf die manuelle Datenaufnahme in einem Geographischen Informationssystem als auch die Wiederverwertbarkeit der auf zwei Zeitscheiben beschränkten Daten gab. Gleichzeitig wurde im Rahmen dieser ersten Analysen deutlich, dass die Höhe der Grenze zwischen Schnee und Eis auf der Gletscheroberfläche, die Höhe der sog. transienten Schneegrenze (engl. transient snowline altitude, TSLA), sich im gesamten Untersuchungsgebiet sehr gut aus der Kombination von Landsat- und digitalen Geländemodelldaten abschätzen ließ. Erste Experimente zeigten, dass sich TSLA-Daten in großem Umfang vollautomatisiert mithilfe der Google Earth Engine erheben lassen und die resultierenden Zeitreihen sehr gut geeignet sind für datenwissenschaftliche Analysen zur Beantwortung der zentralen Fragestellung des Projekts. Die ursprünglichen Skripte wurden daraufhin iterativ zu einer Software weiterentwickelt, die es schließlich ermöglichte, für 28.501 Gletscher in Hochasien eine Zeitreihe mit im Schnitt 341 ± 160 Messungen zu erheben, entsprechend einem Gesamtumfang von 9,66 Millionen Messungen für den Zeitraum 1986 bis 2021. Dieser Datensatz wurde anschließend zunächst hinsichtlich räumlicher und zeitlicher Muster analysiert. Es zeigte sich, dass 82% der untersuchten Zeitreihen einen positiven Trend aufweisen, der im Mittel einem jährlichen Anstieg der TSLA um 2,1 m entspricht. Aufgrund der unterschiedlichen Beobachtungszeitpunkte sind zwar nur ca. 20% der Trends statistisch signifikant (p<0,05); betrachtet man nur signifikante Trends, so sind ca. 97% positiv und der mittlere TSLA-Anstieg beträgt 5,4 m a⁻¹. Empirischen Orthogonal Funktionen zeigten, dass der dominante Modus mit ca. 47% erklärter Varianz tatsächlich einen räumlich weitgehend homogenen der TSLA Anstieg darstellt und sich die erwarteten Kontraste (kontinental vs. monsunal, Karakorum-Anomalie, etc.) erst in den folgenden Modi zeigen, allerdings mit deutlich geringeren Anteilen der erklärten Varianz von jeweils ca. 5%. Durch Korrelation dieser Ergebnisse mit Zeitreihen potentieller Steuerungsfaktoren und durch eine Random Forest Regression konnte anschließend insbesondere die Wirksamkeit meteorologischer Parameter vom Großraum bis auf die Ebene einzelner Gletscher beleuchtet werden. Eine wichtige Anwendungsperspektive für die TSLA-Daten stellt die Kalibrierung von Gletschermodellen dar. Hierzu wurde ein bestehendes Energie- und Massenbilanzmodell entsprechend erweitert und in einer Fallstudie am Abramov-Gletscher erfolgreich eingesetzt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2020. Dynamics and drivers of High Mountain Asia’s glacier change from the mid 1980s to late 2019. EGU General Assembly 2020, Copernicus Meetings, Online
Loibl, David; Ayzel, Georgy; Clubb, Fiona; Grünberg, Inge & Nitzbon, Jan
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2022. Remote sensing-derived time series of transient snowline altitudes for High Mountain Asia, 1986–2021. EarthArXiv
Loibl, David; Richter, Niklas & Grünberg, Inge
