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Kontrolle der Glykolyse in Skelettmuskeln

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2007 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 36209361
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die 6-Phosphofructokinase (PFK) ist schon lange als regulatorisches Enzym der Glykolyse bekannt, aber erst 1980 wurde der stärkste und sehr spezifische PFK-Aktivator Fructose 2,6-bisphosphat (F2,6P2) entdeckt. Die Funktion von F2,6P2 in der Skelettmuskulatur ist weitgehend unbekannt. Wir hatten biochemisch und mittels 31P NMRSpektroskopie in vivo Wanderheuschrecken analysiert, von denen man nicht wusste, wie sie bei Langstreckenflug die Glykolyse drosseln und auf Fett als "Treibstoff" umschalten. Wir zeigten, dass F2,6P2 in der Flugmuskulatur abfällt und dadurch deren PFK-Aktivität reduziert wird. Überraschend war, dass Injektion des Neuromodulators Octopamin in fliegende Heuschrecken dem Abfall von F2,6P2 entgegen wirkte. In einer Kooperation mit Berliner Neurobiologen um Professor Pflüger konnte dann gezeigt werden, dass hier eine neuartige zentralnervöse octopaminerge Kontrolle des Muskelstoffwechsels vorliegt, die nicht an Kontraktionen gebunden ist. Im diesem vergleichend stoffwechselphysiologischen Projekt sollten die Kontrolle und die Funktionen von F2,6P2 in Muskeln von Insekten und Vertebraten weiter analysiert werden. Schmeissfliegen (Calliphora erythrocephala) wurden als Versuchstiere gewählt, weil sie ausschließlich mit Kohlenhydrat fliegen und sehr aktive Flugmuskeln (Power Muscles) besitzen. Alle "Power Muscles" werden von einem einzigen großen ventralen, unpaaren und medianen octopaminergen Neuron versorgt (daher VUM-PM). Mit semi-intakten Präparationen zeigten wir, dass Durchtrennung von Nerven mit octopaminergen Fasern zu den Flugmuskeln den F2,6P2-Gehalt in den Thoraces (die überwiegend Flugmuskulatur enthalten) signifikant um etwa 50% erniedrigt. Der Effekt konnte rückgängig gemacht werden, indem die Thoraxmuskeln in den Präparaten mit Octopamin für 15 min umspült wurden. Andererseits bewirkte der Rezeptorenblocker Phentolamin in scheinoperierten Präparaten eine Reduktion von F2,6P2 von ca. 50% (Kooperation mit Dr. Schlurmann, Köln). Bei Flug stieg F2,6P2 in Calliphora-Thoraces während 5 min stetig an (+30%), während es in gleichlanger Zeitspanne in Locusta-Flugmuskulatur um ca. 40% fiel. Partiell gereinigte PFK aus Fliegenthoraces zeigte wie andere PFKs unter angenähert physiologischen Testbedingungen starke allosterische Hemmung durch das Glykolyseprodukt ATP und Synergismus der PFK-Aktivatoren Pi, AMP und F2,6P2, wodurch die PFK-Aktivität über eine weite Spanne (80-fach) moduliert werden konnte. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass generell bei Insekten das F2,6P2 in der Flugmuskulatur einer zentralen octopaminergen Kontrolle unterliegt. Die Änderungen von F2,6P2 bei Flug spiegeln die verschiedenen Lebensweisen und Stoffwechseltypen von Wanderheuschrecken (Langstrecken mit Substratwechsel) und Schmeißfliegen (Kurzstrecken) wider. Als Trigger für die PFK-Aktivierung bei Flugbeginn vermuten wir in beiden Fällen nicht F2,6P2, sondern AMP und Pi, die als Folge der neuronal ausgelösten Muskelkontraktion durch den schlagartig erhöhten ATP-Umsatz vermehrt gebildet werden. Anders als die Aktivatoren Pi und AMP, die durch Enzyme entstehen, die Gleichgewichtsreaktionen katalysieren, ist F2,6P2 in komplexe regulatorische Netzwerke für die Homöostase des Energiestatus eingebunden. Zur Klärung dieser Zusammenhänge ist noch Forschungsarbeit erforderlich. Wir haben vergleichend mit PFK aus Skelettmuskeln verschiedener Tiere versucht, die PFK-Aktivität in vivo mit gereinigtem Enzym in vitro zu simulieren. Dabei haben wir berücksichtigt, dass wichtige Effektoren der PFK (z.B. ADP, Pi und AMP) in intakten Muskeln zum großen Teil an Strukturen gebunden sind und also nicht als Effektoren fungieren können. Zu unseren Studienobjekten gehören die völlig aerob arbeitende Flugmuskulatur von Insekten sowie die stark anaerob arbeitende Beinmuskulatur von Fröschen und Ratten. Die Ergebnisse zeigen an, dass die regulatorischen Eigenschaften der PFK die Glykolyseaktivität vieler Phasen des Muskelstoffwechsels erklären können. Der spezifische PFK-Aktivator F2,6P2 dient dabei der Integration des Organstoffwechsels in den Gesamtstoffwechsel (z.B. Substratwahl bei Insektenflug und Aktivitätsstabilisierung der PFK bei Gewebeansäuerung in Vertebraten). F2,6P2 hilft, die Glykolyseaktivität flexibel an physiologische Erfordernisse anzupassen.

 
 

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