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Gefangenenseelsorge im Schatten des Hochgerichts. Quellenedition und vergleichende Analyse des Tagebuchs eines lutherischen Geistlichen um 1600.

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 368299051
 
Die Sorge um die Seelen der zum Tode verurteilten war ein prominentes Kampffeld in den frühen konfessionellen Auseinandersetzungen im Reich. Ihre Würdigung in der historischen Forschung ist jedoch bis auf wenige Einzeluntersuchungen bisher ausgeblieben, insbesondere die Einstellung der Geistlichen aller Konfessionen zu ihrem Seelenrettungswerk. Im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg befinden sich die einzigartigen Aufzeichnungen des lutherischen Diakons Johannes Hagendorn, der von 1605-1620 für die Seelsorge der zum Tode Verurteilten zuständig war. In den zurückliegenden Jahrzehnten wurden wiederholt Anläufe unternommen, Hagendorns Text zu edieren. Diese Edition soll nun im Rahmen des Projektes endlich realisiert werden, um die Schrift einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen. Zugleich soll der Text in vergleichender Perspektive analysiert werden. Dazu soll u.a. das wichtigste Zeugnis der jesuitischen Seelsorge, die Aufzeichnungen von Pedro de Leon, der zwischen 1578 und 1616 als Jesuitenpfarrer in Sevilla über 300 Todeskandidaten betreute, als Vergleichstext dienen. Sein Tagebuch ist zwar 1981 bereits ediert worden, von der Geschichte des Strafrechts aber bisher gänzlich unbeachtet geblieben. Beide Überlieferungen ähneln sich in vielfacher Hinsicht, verweisen aber zugleich auf evidente konfessionelle Unterschiede in der Wahrnehmung und Auffassung gegenüber der Obrigkeit, der zum Tode Verurteilten und ihrer Rolle als Seelsorger.Hagendorns Memorial ist für zahlreiche Forschungsfelder zur Geschichte der Vormoderne von Relevanz. Im Rahmen dieses Projektes ist jedoch zunächst nur die Auswertung und Analyse des Memorials für die Geschichte des Strafrechts und der Kriminalität vorgesehen. Hagendorn belegt die bedingungslose Zustimmung der protestantischen Kirchen zur Todesstrafe und ihre ausschließliche Sorge um das jenseitige Schicksal der von peinlicher Strafe Bedrohten. Als Seelsorger waren die Geistlichen näher an den Todeskandidaten als alle anderen. Neben Details zum Strafvollzug liefert Hagendorn daher tiefe Einblicke in Bildungsstand, Haftbedingungen, mentale Verfassung, Verhalten und Seelennöte der Gefangenen. Er beschreibt zudem die Rolle der Seelsorger im Strafvollzug, die weit über deren eigentliche Aufgabe hinausging. Er gibt weiterhin tiefe Einblicke in die Kommunikationsprozesse während des peinlichen Verfahrens, in die er selbst, die Gerichtspersonen, aber auch Angehörige und Zuschauer eingebunden wurden. Insofern bringt uns dieser Text näher an die Qualen und Nöte der Todeskandidaten als alle anderen Quellen jener Zeit.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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