Globalisierung von unten. Zirkuläre Migrationen zwischen Südasien und Afrika, ca. 1850-2000 (GloBe)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
‘Migration erzeugt große Hoffnungen und große Furcht.‘ Die Aussage am Anfang des Sammelbands The Age of Migration (62020) spitzt die gegensätzlichen Assoziationen zu, die Menschen haben, wenn es um das Thema Migration geht. Dies spiegelt sich in aktuellen Debatten zu Migration wider: es ist ein stark politisiertes Thema in den täglichen Nachrichten. Häufig wird übersehen, dass Migration bereits in der Kolonialzeit in allen Kolonialreichen der Welt immer schon ein integraler Bestandteil politischer Entscheidungen und sozioökonomischer Entwicklungen war. Wie Joya Chatterji (2017) betont, ist Migration der Standard, an einem Ort zu verbleiben die Ausnahme. Ich argumentiere ähnlich: Migration ist ein grundlegendes Charakteristikum der Menschheit, insbesondere in post-imperialen und globalen Welten. Das Thema hat in der Historiographie breite, aber asymmetrische Aufmerksamkeit erhalten. In mehrfacher Hinsicht gibt es ein Ungleichgewicht: Ungleiche Beachtung der verschiedenen europäischen Imperien und der Grenzgänge dazwischen; Vernachlässigung des Blicks auf die post-kolonialen Folgen der in der Kolonialzeit aufgekommenen Migrationsbewegungen; Fokus auf europäisch-imperialen Akteuren auf Kosten anderer Gruppen; Ausblenden von Migrationsbewegungen, die nicht nur diejenigen von und zur kolonialen Metropole, sondern auch die innerhalb und außerhalb von Kolonialreichen einschließen; sowie wenig Augenmerk auf die Folgen von Migration für die Zurückbleibenden und die Migrierenden. GloBe hat diese Themen ins Zentrum der Analyse gestellt. Die Sachbeihilfe hat die für GloBe erforderliche empirische Forschung ermöglicht. Im Rahmen von GloBe betrachtet die mit der Sachbeihilfe ermöglichte Forschung mehrdimensionale, zirkuläre Migrationsbewegungen zwischen Südasien, Ost- und Südafrika. Damit gibt GloBe der migrationshistorischen Forschung eine neue Perspektive, die neue vergleichende Einsichten in verschiedene Arten von Migrationsbewegungen eröffnet, in Bewegungen zwischen verschiedenen Kolonialreichen und Nationalstaaten sowie in soziale Beziehungen zwischen Migrant*innen und lokalen Bevölkerungen. Migrationsbewegungen verliefen jedoch nicht immer reibungslos. Naturgegebene und menschengemachte Faktoren schränken Migration ein. Durch die Betrachtung solcher Prozesse generiert die Forschung von GloBe Einsichten, die für die aktuelle Diskussion um die Migration nach Europa zentral sind. GloBes wegweisende Konzeptualisierung von Globalgeschichte als "verbundene Geschichte" zeigt sich in der Analyse von Süd-Süd-Bewegungen von Menschen, Gütern und Ideen sowie an den Dreh- und Angelpunkten Afrika und Südasien, die im Zentrum der zirkulären Migration standen. GloBe konzipiert nicht nur Globalgeschichte als verbundene Geschichte, GloBe verwendet auch einen kombinierten Methodenansatz, mit dem Erfahrungen, Entwicklungen und Perspektiven verschiedener sozialer Akteure neben den schriftlichen Quellen einbezogen werden. GloBe bringt neue Aspekte in die Wissenschaftslandschaft ein: zur zirkulären Migration; zu inner-imperialen Verbindungen der britischen und portugiesischen Kolonialreiche, zu Verbindungen zwischen den beiden Imperien und – seit Mitte des 20. Jahrhunderts – zwischen Kolonialreichen und Nationalstaaten. Damit wird die Brücke über die Kluft zwischen der kolonialen und post-kolonialen Ära geschlagen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Doing Well but Also Doing Good? East African Indian Merchants and Their Charitable Work, c. 1850–1920. Knowledge and the Indian Ocean, 173-188. Springer International Publishing.
Frenz, Margret
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Complicating Decolonisation: Mozambican Indian Experiences in the Twentieth Century. The Journal of Imperial and Commonwealth History, 47(5), 999-1020.
Frenz, Margret
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‘Colonial Segregation, Apartheid State, and Rainbow Nation: Negotiating Diversty in Twentieth-century South Africa’, in Heijmans, Elisabeth and Sophie Rose (eds), Diversity and Empires. Negotiating Plurality in European Imperial Projects from Early Modernity (London: Routledge, 2023), pp. 200-223.
Margret Frenz
