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Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Schranke unkonventioneller Geldpolitik

Fachliche Zuordnung Öffentliches Recht
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 371535082
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Aus rechtlicher Sicht ist das zentrale Ergebnis der Arbeit, dass die Instrumente der unkonventionellen Geldpolitik durch die primärrechtlichen Ermächtigungen gedeckt sind. An der vom Bundesverfassungsgericht geäußerten schweren Kritik bleibt gleichwohl richtig, dass im Laufe der Zeit Nebenfolgen eintreten können, deren Gewicht die bisherigen Erfolge der unkonventionellen Geldpolitik möglicherweise überwiegen. Das betrifft vor allem negative Anreizwirkungen zur Kreditaufnahme durch Staaten, Unternehmen und Haushalte in den Fällen, in denen entweder die Grenze der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Schuldners bereits überschritten ist oder überschritten zu werden droht. Auch greifen die geldpolitischen Anreize dort ins Leere, wo die durch die Kreditaufnahme finanzierten Ausgaben kein Wirtschaftswachstum auslösen und die Mittel letztlich nur konsumiert werden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die Risiken für den Finanzsektor, der einerseits angesichts des Rückgangs des Zinsniveaus unter Ertragsschwierigkeiten leidet, andererseits aber auch an Finanzierungen mitwirkt, bei denen die künftige Werthaltigkeit der Investitionen unsicher ist, wie maßgeblich im derzeit noch boomenden Immobiliensektor. Aus juristischer Sicht bleibt gleichwohl festzuhalten, dass diese Risiken zunächst mit den Mitteln des jeweiligen Fachrechts, im Bereich der Kreditvergabe durch Banken mit dem Bankenaufsichtsrecht, im Bereich der staatlichen Kreditaufnahme mit den Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und der nationalen Schuldenbremsen, bewältigt werden müssen. Ein weiteres Ergebnis des Projektes ist es, dass die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Geldpolitik, die im Mittelpunkt der beiden genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts stand, weiterer Betrachtung bedarf. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Gerichtshof folgten einem herkömmlichen Verständnis und prüften die Verhältnismäßigkeit entsprechend ihrer üblichen Schemata. Außer Betracht blieben der zukunftsorientierte Charakter der Geldpolitik, das hohe Maß an Unsicherheit, das mit allen geldpolitischen Entscheidungen einhergeht, und die begrenzte Steuerungskraft der Zentralbankpolitik. Beim Bundesverfassungsgericht kam es überdies zu einer Blickverengung, da es die Problematik unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeitsverteilung zwischen Union und Mitgliedstaaten angegangen war. Demgegenüber endet die Arbeit mit der These, die Frage nach der Verhältnismäßigkeit als Gemeinwohlproblematik zu betrachten, bei der es auf die Abwägung der wesentlichen Folgen und der unerwünschten Nebenwirkungen für die Gesamtheit des Euro-Währungsraumes ankommt. Dazu wird in der Arbeit ein neues Abwägungsprogramm vorgeschlagen, das an diejenigen Maßstäbe angelehnt ist, die bei der Prüfung von komplexen, planerischen Entscheidungsprozessen zur Anwendung kommen.

 
 

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