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Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Schranke unkonventioneller Geldpolitik
Antragsteller
Professor Dr. Christoph Ohler
Fachliche Zuordnung
Öffentliches Recht
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 371535082
Das Vorhaben setzt sich mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip als verfassungsrechtlicher Schranke der unkonventionellen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank auseinander. Unter unkonventioneller Geldpolitik sind Maßnahmen zur Bekämpfung schwerer Krisen zu verstehen, in einem weiteren Sinne auch Sondermaßnahmen, die in Zeiten wirtschaftlicher Normalität nicht oder nur eingeschränkt zur Anwendung kommen. Im Euro-Währungsgebiet handelt es sich um eine seit 2008 andauernde, ausgeprägte Niedrigzinspolitik bei gleichzeitiger erheblicher Ausdehnung des Volumens aller geldpolitischen Programme. Hinzu kommen die massiven Ankäufe von Wertpapieren staatlicher und privater Emittenten, die als Quantitative Easing bekannt wurden. Diese Maßnahmen zielten, wie das öffentlich weithin bekannt gewordene OMT-Programm vom September 2012, ursprünglich auf die Abwehr unmittelbarer Gefahren für die Stabilität des Euro-Währungsraums. Auch nach dem Ende der Hochphase der Schuldenkrise führt die EZB diese Form der Geldpolitik fort, um wirtschaftliche Krisenfolgen zu bewältigen und eine Rückkehr zur Normallage, gemessen an Wirtschaftswachstum und Inflationsrate, zu fördern. Verbunden ist die unkonventionelle Geldpolitik indes mit nachteiligen Nebenwirkungen, u.a. in Gestalt von sinkenden Ertragschancen institutioneller Anleger, die langfristig möglicherweise die Stabilität des Finanzsystems beeinträchtigen. Zu solchen Anlegern gehören nicht nur Banken und Versicherungsunternehmen, sondern auch kapitalgedeckte Altersversorgungseinrichtungen.Ob und in welcher Weise sich das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Schranke dieser Form der Geldpolitik und ihrer Folgen darstellt, soll in dem Forschungsvorhaben untersucht werden. Die Bedeutung dieses in Art. 5 Abs. 4 EUV verankerten Grundsatzes für die Geldpolitik brachte der EuGH erstmals im Gauweiler-Urteil vom 16. Juni 2015 zum Ausdruck. Das Urteil enthält Maßstäbe, die auch für die Beurteilung der seit mehreren Jahren erfolgenden unkonventionellen Geldpolitik herangezogen werden können. Zu ihnen gehören umfassende Ermittlungs-, Bewertungs-, Abwägungs- und Begründungspflichten der EZB. Sie dienen dem Zweck, einen angemessenen Ausgleich von primärrechtlichen Zielvorgaben und tatsächlichen Folgen der Geldpolitik sicherzustellen. Rechtlich ungeklärt ist dagegen nach wie vor, welche wirtschaftlichen Folgen der EZB überhaupt zuzurechnen sind. Die Frage nach der Zurechnung ist von grundlegender Bedeutung, da nur zuzurechnende Folgen auch Gegenstand der oben bezeichneten Pflichten sein können. Ziel des Vorhabens ist es insoweit, das primärrechtliche Ziel der Finanzstabilität für die Geldpolitik weiter zu konkretisieren und rechtliche Maßstäbe für die Zurechnung wirtschaftlicher Folgen zu den geldpolitischen Maßnahmen der EZB zu entwickeln.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen