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Hormonelle Mechanismen in einem polygynen Paarungssystem

Fachliche Zuordnung Biochemie und Physiologie der Tiere
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 37189662
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wir konnten zeigen, dass Weibchen von Saccopteryx bilineata jedes Jahr in einem engen zweiwöchigen Zeitfenster in den Östrus kommen. Dies erschwert vermutlich die Monopolisierung der Weibchen durch Männchen. Über mehrjährige Zensuserhebungen und Vaterschaftsanalysen konnten wir zudem aufdecken, dass Weibchen im Gegensatz zu Männchen aus den Geburtskolonien abwandern. Dieses Abwanderungsmuster ergibt sich vermutlich aus dem Umstand, dass Baumquartiere relativ selten sind. Deshalb müssen junge Männchen möglichst früh in einer Kolonie „Schlange stehen“, um möglichst früh ein Haremterritorium beerben zu können. Die fehlende Abwanderung der Jungtiermännchen führt dazu, dass sich in den Kolonien Patrilinien aus nah verwandten Männchen bilden. Weibchen einer Kolonie sind dem zur Folge nicht näher miteinander verwandt. In einer weiteren Studie konnten wir nachweisen, dass Männchen umso mehr direkte Fitnessvorteile erzielen je mehr Männchen sich in einer Kolonie befinden. Der Fitnessverlust, der aus der Anwesenheit anderer Männchen entsteht, wird vermutlich über den indirekten Fitnessgewinn ausgeglichen. Über chemische Analysen der Männchen-Düfte konnten wir zeigen, dass der olfaktorische Phänotyp der Männchen sich im ersten Lebensjahr entwickelt. Die für adulte Männchen typischen Duftsubstanzen sind während der ersten Paarungszeit noch nicht vorhanden. Während hingegen die meisten Weibchen bereits nach einem halben Jahr am Reproduktionsgeschehen teilnehmen, verschieben die Männchen ihre erste Reproduktion auf die zweite Paarungszeit. Die Vater- und Mutterschaftsdaten über einen 13-jährigen Untersuchungszeitraum belegen, dass Weibchen hinsichtlich der Reproduktion keine Seneszenz besitzen, während hingegen Männchen die meisten Jungtiere im zweiten oder dritten Lebensjahr produzieren. Danach sinkt die Reproduktionsleistung aber nicht die Überlebensrate der Männchen drastisch ab. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Seneszenz sind vermutliche eine Folge der intensiven Konkurrenz um Paarungspartner im Sozialsystem der Sackflügelfledermaus. Analysen des Testosterons im Kot von Männchen zeigten außerdem, dass nur Harem-Männchen erhöhte Werte haben. Dies erscheint deshalb interessant, weil auch Nicht-Harem-Männchen sich am Reproduktionsgeschehen beteiligen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Testosteron bei Saccopteryx- Männchen keine ausgeprägten saisonalen Schwankungen unterliegt. Möglicherweise bilden die Koloniemitglieder lang anhaltende Beziehungen aus, da Fluktuationen in der Koloniezusammensetzung gering sind. In einem weiterführenden Projekt untersuchten wir die Interaktion von Testosteron und der Immunbiologie. Da sich Sackflügelfledermäuse aufgrund ihrer geringen Größe nicht für diese Studie eigneten, zogen wir eine andere Fledermausart als Modellorganismus heran. Carollia perspicillata ließ sich zudem im Gegensatz zu Saccopteryx bilineata für einige wenige Tage in Gefangenschaft halten. Dies war für die Antigen-Challenge-Experimente unbedingt notwendig. Wir konnten zeigen, dass eine erhöhte Testosteronkonzentration keine verminderte Immunabwehr zur Folge hat. Vielmehr bedingte eine Immunabwehr eine Reduzierung des Testosterons. Dieser Befund steht jedoch nicht im Gegensatz zu der von Folstad und Karter postulierten Immun-Kompetenzhypothese, da nur Männchen mit einem guten Immunsystem hohe Testosteronwerte aufrecht erhalten können. Unsere weiteren Forschungen werden nun die Immunbiologie sowie die genetische Grundlage hierfür, speziell den Haupthistokompatitibilitätskomplex (MHC) als Untersuchungsgegenstand haben. Da die Partnerwahl bei Sackflügelfledermäuse vermutlich über olfaktorische Signale erfolgt, interessiert uns speziell wie sich die Gene des MHC mit denen der olfaktorischen Rezeptoren vererben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007). Patrilineal social system drives female dispersal in a polygynous bat. Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences 274:3019-3025
    Nagy, M., Heckel, G., Voigt, C.C., Mayer, F.
  • (2008). Songs, scents, and senses: Sexual selection in the mating system of the greater sac-winged bat, Saccopteryx bilineata. Journal of Mammalogy 89:1401-1410
    Voigt, C.C., Behr, O., Caspers, B., von Helversen, O., Knörnschild, M., Mayer, F., Nagy, M.
  • (2009). Odour-based species recognition in two sympatric species of sac-winged bats (Saccopteryx bilineata, S. leptura): Combining chemical analysis, behavioral observation and odour preference tests. Behavioural Ecology and Sociobiology 63: 741-749
    Caspers, B., Schroeder, F.C., Meinwald, J., Franke, S. , Streich, W.J., Voigt C.C.
  • (2009). Temporal and spatial distribution of male scent marks in the polygynous greater sac-winged bat. Ethology 115: 713-720
    Caspers, B., Voigt, C.C.
  • (2010). Plasma testosterone levels decrease after activation of skin immune system in a free-ranging mammal. General and Comparative Endocrinology 168: 466-473
    Greiner, S., Stefanski, V., Dehnhard, M., Voigt, C.C.
 
 

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