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Poly(iminoboran)e: Eine schwer fassbare Klasse von anorganischen Hauptgruppenpolymeren
Antragsteller
Professor Dr. Holger Helten
Fachliche Zuordnung
Anorganische Molekülchemie - Synthese, Charakterisierung
Förderung
Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 373192637
Polymere, deren Rückgrat ausschließlich aus anorganischen Elementen besteht, zeigen häufig nützliche Eigenschaften und Funktionen, die diejenigen organischer Makromoleküle sinnvoll ergänzen. Ein wichtiges Beispiel sind die wohlbekannten Polysiloxane (Silikone), die aus dem heutigen Alltag kaum noch wegzudenken sind. Poly(iminoboran)e (PIBs) stellen eine Klasse anorganischer Hauptgruppenpolymere dar, bestehend aus einer linearen Kette alternierender Bor- und Stickstoffatome. Derartigen Polymeren wurde erhebliches theoretisches Interesse entgegengebracht, da sie als BN-Analoga des bedeutenden halbleitenden organischen Polymers Polyacetylen angesehen werden können. Trotz beträchtlicher experimenteller Bemühungen sind Poly(iminoboran)e bislang noch nicht synthetisiert und eindeutig charakterisiert worden.Ziel dieses Forschungsprojekts ist die Entwicklung synthetischer Zugänge zu Poly(iminoboran)en mit wohl-definierter Mikrostruktur. Das Versagen vorhergehender Versuche zur Synthese linearer PIBs beruhte generell auf der Anfälligkeit potenzieller BN-Monomere zur Bildung zyklischer Iminoboran-Trimere (d.h. Borazine, BN-Analoga des Benzols). In diesem Projekt werden zwei Strategien verfolgt, bei denen eine Ringbildung während der Polymerisation verhindert werden soll. Das Konzept des ersten Ansatzes ist es, zwei Bor- bzw. Stickstoffatome über eine Kohlenwasserstoffbrücke miteinander zu verbinden. Diese strukturelle Einschränkung sollte die unerwünschte Zyklisierung unter Borazinbildung definitiv ausschließen. Zu den Zielverbindungen zählen Poly(iminoboran)e aus verschiedenartigen heterozyklischen Systemen, die aromatisch, nicht-aromatisch oder antiaromatisch sein können.Das Konzept des zweiten Ansatzes zur Poly(iminoboran)-Synthese ist die Entwicklung einer Kettenwachstums-Polymerisation. Die wachsende Polymerkette sollte dabei zwei gleichartige funktionelle Gruppen an beiden Kettenenden aufweisen. Dadurch sollte die konkurrierende Bildung zyklischer Spezies, die die Präsenz zweier komplementärer Endgruppen voraussetzt, zu jedem Zeitpunkt des Polymerisationsprozesses effektiv unterbunden sein. Neuartige, möglicherweise katalytische Methoden zur B-N-Bindungsbildung sollen entwickelt und auf ihre Anwendbarkeit zur Polymerisation untersucht werden.Neben interessanten elektronischen Eigenschaften, die von dieser neuen Klasse von Makromolekülen zu erwarten sind, eignen sich prozessierbare Poly(iminoboran)e vermutlich als Polymer-Vorstufen zur Herstellung geformter Keramiken wie hexagonalem Bornitrid, einem attraktiven Isoliermaterial mit guter thermischer Leitfähigkeit, das mit Graphit bzw. Graphen isoelektronisch ist. Bor-reiche Materialien sind auch für die Anwendung in der Bor-Neutroneneinfangtherapie (BNCT) von Interesse. Außerdem wird in diesem Projekt die Synthese von PIB-Block-Copolymeren verfolgt. Die Selbstorganisation der resultierenden Materialien wird im Hinblick auf Anwendungen in der Nanowissenschaft untersucht.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen