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Wirkung der transkraniellen Magnetstimulation auf neuronale Netzwerkaktivitäten in limbischen Strukturen bei Rattenmodellen psychiatrischen Phänotyps

Fachliche Zuordnung Experimentelle Modelle zum Verständnis von Erkrankungen des Nervensystems
Biologische Psychiatrie
Medizinische Physik, Biomedizinische Technik
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 374523639
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Nicht-invasive Hirnstimulationstechniken wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) bieten die Möglichkeit, Hirnaktivitäten nachhaltig zu verändern. Je nach Muster einer repetitiven Stimulation (rTMS) kann die Erregbarkeit bestimmter Hirnrindenareale erhöht oder erniedrigt werden. Die rTMS könnte somit eine Alternative zu pharmakologischen Behandlungen insbesondere bei psychiatrischen Erkrankungen darstellen. In einem zuvor vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben haben wir bereits ein Rattenmodell der Schizophrenie untersucht, welches auf einer Infektion während der Schwangerschaft als Ursache für die Erkrankung beruht (Maternale Immun-Aktivierung, MIA). Wir konnten zeigen, dass die rTMS mit dem Protokoll der intermittierenden Theta-Burst Stimulation (iTBS) gestörte Hirnaktivitäten zum Teil normalisieren konnte, das Verhalten der MIA-Ratten aber nur bedingt beeinflussen konnte. Verbesserungen von gestörten kognitiven Leistungen wurden durch eine Schein- Behandlung zum Teil genauso effektiv verbessert wie eine echte Behandlung. In diesem Forschungsvorhaben wollten wir untersuchen, ob bei MIA-Ratten bezüglich der Aktivität in den für die Erkrankung relevanten limbischen Hirnstrukturen (Hippocampus (HC), präfrontaler Kortex (PFC)) Unterschiede zu Kontrolltieren bestehen, und ob diese durch eine rTMS beeinflussbar sind, wenn diese bei jungen Ratten (5-7 Wochen) appliziert wird, in einem Stadium, in dem die Entwicklung der limbischen Hirnstrukturen noch nicht komplett abgeschlossen ist, und daher durch Stimulation noch leichter beeinflussbar ist als bei erwachsenen Tieren. Nachdem die Tiere über 2 Wochen (an 10 Tagen) täglich eine rTMS erhalten hatten, wurden die Gehirne entnommen und akute Hirnschnitte untersucht (in vitro). Es wurden Messungen synaptisch evozierter elektrischer Aktivität (Feldpotenziale erregender Aktivität (fEPSPs), Änderungen der intrazellulären Calcium-Konzentrationen über Fluoreszenz-Signale und Änderungen der Expression aktivitäts-abhängiger Proteine ermittelt. Diese hatten den Zweck, Veränderungen der Erregbarkeit von Nervenzellen im Allgemeinen und im Sinne einer synaptischen Plastizität (Langzeitpotenzierung (LTP)) zu untersuchen, welche Lern- und Anpassungsvorgängen zugrunde liegen. Leider ergaben unsere Studien bei allen untersuchten Kriterien keine so klaren Unterschiede zwischen MIA- und Kontrollratten wie erwartet, und wie zum Teil schon in der Literatur beschrieben. Die Studienlage an diesem Krankheitsmodell ist aber generell sehr differenziert und teils widersprüchlich. Das Fehlen signifikanter Unterschiede zwischen MIA- und Kontrollratten stellte zwar ein Hindernis für die Untersuchungen der rTMS als therapeutisches Mittel dar, jedoch war es weiterhin von Interesse, ob die Nervenzellen in MIA-Ratten anders auf die rTMS reagieren als die gesunder Tiere. Auch in diesen Untersuchungen konnten wir feststellen, dass sowohl die echte rTMS als auch die Scheinbehandlung Effekte zeigten. Eine echte rTMS hatte aber eher die Tendenz, Erregbarkeit und LTP im Hippocampus zu schwächen, während eine Scheinbehandlung leicht gegenläufig wirkte. Diese Befunde spiegelt im Grund auch die Beobachtung auf der Verhaltensebene wider und zeigen, dass Prozeduren, die im Zusammenhang mit der rTMS bzw. einer Behandlung stehen, ebenfalls Effekte haben können und nicht zu vernachlässigen sind. In Sub-Regionen des PFC zeigten sich immerhin signifikant unterschiedliche Änderungen der Erregbarkeit von Nervenzellen, die mit echter rTMS behandelt wurden. In einem weiteren innovativen Ansatz sollte untersucht werden, ob sich neuronale Aktivitäten, die durch magnetische Stimulation erzeugt werden (analog zur TMS) auch in einem akuten Hirnschnitt durch den Hippocampus nachweisen lassen, wenn dieser direkt durch eine im Messstand integrierte Magnetspule stimuliert wird. Die Spule sollte von den Dimensionen passen aber trotzdem in der Lage sein, die gleiche Magnetfeldstärke bei Applikation des iTBS-Protokolls zu generieren wie eine konventionelle Spule zur Stimulation des Gehirns. Dieses wurde durch eine Sonderanfertigung erreicht. Da aufgrund der starken Magnetfelder keine elektrische Registrierung der Nervenzellaktivität erfolgen kann, sollte die Registrierung der neuronalen Aktivität über Fluoreszenzsignale erfolgen, die einen Anstieg der intrazellulären Calciumkonzentration bei Aktivität anzeigen. Elektrisch induzierte Calcium-Signale konnten eindeutig reizstärke-abhängig generiert werden, magnetisch induzierte Signale jedoch nicht, obwohl die Magnetpulse stark genug sein sollten, um Nervenzellen zu aktivieren. Warum dies der Fall ist, ist nicht klar, verhinderte aber leider unser Bestreben, die räumliche Verteilung der durch Magnetpulse erzeugten neuronalen Aktivität und deren Beeinflussung durch das iTBS-Protokoll zu untersuchen. Insgesamt bleibt die Frage, ob die rTMS psychische Erkrankungen auf zellulärer Ebene im Hippocampus beeinflussen kann, weiterhin offen, und bedarf weiterer Studien zu dieser Fragestellung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Methodological comparison of different approaches to cultivate postnatal organotypic hippocampal cultures
    Vivien Czapla, Pia Reiterer, Klaus Funke
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1101/2022.05.11.491471)
 
 

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