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Ökonomie und soziale Freiheit
Antragsteller
Dr. Hannes Kuch
Fachliche Zuordnung
Praktische Philosophie
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 375138170
In der liberalen politischen Philosophie wurde der Markt lange Zeit oft eher unbefragt oder in stark idealisierter Form befürwortet, meist unter der Annahme, dass Märkte als solche effizienzsteigernde Institutionen sind. In den letzten Jahren haben sich Märkte jedoch als zunehmend krisenhaft, als Verstärker von Ungleichheit und als eigendynamische Institutionen erwiesen, die auf problematische Weise in nicht-marktförmige Lebensbereiche vordringen. Angesichts dessen werden Märkte in der Philosophie nun zunehmend kritisch untersucht. Dabei hat die Weltwirtschaftskrise nicht nur den Glauben an die Effizienz des freien Marktes erschüttert, sondern zugleich dazu beigetragen, dem Begriff des Sozialismus inner-philosophisch wie auch in der breiteren Öffentlichkeit neue Konjunktur zu verleihen. Vor diesem Hintergrund untersucht das Projekt die normativen Grundlagen und die institutionellen Rahmenbedingungen dessen, was in der Tradition von John Stuart Mill und John Rawls als liberaler Sozialismus bezeichnet wird: eine Form des Wirtschaftens, in der die kapitalismustypischen Eigenschaften des Marktes überwunden werden, aber politische Grundfreiheiten und demokratische Rechte gesichert sind. Das Forschungsprojekt macht das Hegelianische Konzept der sozialen Freiheit für die normative Rechtfertigung und die institutionellen Ausgestaltung eines liberalen Sozialismus fruchtbar. Dem Begriff der sozialen Freiheit zufolge sind Andere nicht primär als Grenze der eigenen Freiheit zu verstehen, sondern als deren Bedingung und Erweiterung. Mit Hilfe dieses Konzepts lässt sich zeigen, dass es nicht genügt, lediglich den erwirtschafteten Output ex post solidarisch umzuverteilen, oder ex ante eine Angleichung der Ausgangsbedingungen des Wirtschaftens vorzunehmen. Worauf es vor allem ankommt, ist der angemessene Vollzug wirtschaftlichen Handelns, der anspruchsvollen Normen der Solidarität genügen muss. In dem hier befürworteten liberalen Sozialismus wird dem Markt als Koordinationsmechanismus nach wie vor eine wichtige Rolle eingeräumt. Allerdings soll der Markt konstitutiv transformiert werden, so dass dessen sittliche Mängel signifikant reduziert werden, etwa was die unfaire Ausnutzung von Machtvorteilen oder die Abwälzung von Kosten auf unbeteiligte Dritte betrifft. Der Marktsozialismus zielt nicht einfach nur auf eine bessere ordnungspolitische oder sozialstaatliche Einhegung des Marktes, sondern auf dessen konstitutive Transformation: Es geht darum, den Markt von innen heraus zu sozialisieren, durch eine Änderung der konstitutiven Regeln und eine Stärkung der internen Regulationsmechanismen. Dem Forschungsprojekt kommt nicht nur eine aktuelle gesellschaftspolitische Relevanz zu, es bringt zudem die politische Philosophie und die Sozialphilosophie in einen engeren Dialog, und es setzt dezidiert interdisziplinär an, indem es die Philosophie des Marktes mit institutionentheoretischen Entwürfen aus den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verbindet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
