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Evolution peristomatischer Strukturen bei Hundertfüßern (Arthropoda: Chilopoda)

Antragsteller Dr. Markus Koch
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung Förderung von 2007 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 37517472
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Erschließung neuer Merkmale im Bereich des Mundvorraums mittels Licht- und Rasterelektronenmikroskopie bildet die Grundlage für die Erstellung umfangreicher Datensätze, mit denen aktuell konkurrierende Vorstellungen zur Merkmalsevolution innerhalb der Hundertfüßer (Chilopoda) kladistisch getestet werden können. Nachdem sich die peristomatischen Strukturen für zwei der vier großen Teilgruppen der Chilopoda (Scutigeromorpha und Lithobiomorpha) als phylogenetisch informativ erwiesen hatten, wurde dieser Ansatz im Rahmen der Projektförderung auf die Teilgruppe Scolopendromorpha ausgedehnt. Für diese Teilgruppe lieferte der Vergleich von zunächst 26 Arten 16 neue Merkmale des Epipharynx und Hypo-pharynx, die mit weiteren 49 Merkmalen der äußeren Morphologie und inneren Anatomie erste kladistische Analysen ermöglichten. Das eindeutige Ergebnis dieser ersten Analysen widersprach der herkömmlichen Auffassung, wonach die blinden, hypogäisch lebenden Skolopender eine monophyletische Einheit bilden. Die Paraphylie dieser Gruppe impliziert, dass die epigäische Lebensweise bei den Scolo-pendridae abgeleitet ist und damit korrelierend Augen bei dieser Teilgruppe neu erworben wurden. Ebenso unerwartet war der Befund, dass die Gruppe blinder Skolopender mit 23 Rumpf-Segmenten (Scolopocryptopidae im herkömmlichen Sinn) kein Monophylum bildet, sondern hinsichtlich der Teilgruppe Plutoniuminae paraphyletisch ist, die nur 21 Rumpf-Segmente aufweisen. Danach lässt sich die ursprüngliche Segmentzahl der Skolopender nicht länger eindeutig bestimmen. Um diese unerwarteten Ergebnisse abzusichern, wurde ein weiterer Merkmalskomplex im hinteren Bereich des Vorderdarms erschlossen, der bei Skolopendern als Kaumagen differenziert ist. Der Vergleich der Kaumagen-Morphologie lieferte 13 neue Merkmale, mit denen der bisherige Datensatz auf nunmehr insgesamt 80 Merkmale für 30 Arten vergrößert werden konnte. Ein als Reuse differenzierter Kaumagen erwies sich dabei als charakteristisch für alle blinden Skolopender (Cryptopidae und Scolopocryptopidae), während die epigäisch lebenden Skolo-pender (Scolopendridae) einen variabel mit longitudinalen Dornen-Reihen ausge-statteten Kaumagen aufweisen. Die Analyse der aktualisierten Matrix offenbart, dass Merkmale der peristomatischen Strukturen und des Kaumagens eine Reihe traditioneller Verwandtschaftsannahmen unterstützen, insbesondere die Monophylie der Scolopendromorpha, Cryptopinae, Scolopendridae, Otostigmini und Scolo-pendrini, sowie eine basale Auflösung der Asanadini und Arrhabdotini innerhalb der Scolopendridae. Neu und eindeutig ist der Befund, dass die Plutoniuminae nicht die nächsten Verwandten der Cryptopinae, sondern Teilgruppe der Scolopocryptopidae bilden. Die aktuelle Auffassung, dass Plutonium die Schwestergruppe zu allen anderen Skolopendern bildet, ist danach obsolet. Übereinstimmende Merkmale bei Plutonium und den Geophilomorpha stellen unzweifelhaft Konvergenzen dar. Die basalen Aufspaltungsereignisse innerhalb der Scolopendromorpha verbleiben jedoch gegenwärtig offen, da sich die Paraphylie der blinden Skolopender als ebenso sparsame Annahme darstellt wie ihre Monophylie. Zur Klärung dieser Frage fokussieren weitere Untersuchungen auf mutmaßlich basal abzweigende Genera innerhalb der Scolopocryptopidae und Scolopendridae, sowie auf den Abgleich mit molekularen Sequenzdaten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Edgecombe, G.D. & Koch, M. "Phylogeny of the Scolopendromorpha (Chilopoda) ¿ the morphological evidence" (Vortrag); - 14th International Congress of Myriapodologv, Görlitz 2008

  • Koch, M. & Edgecombe, G.D. "Evolution of peristomatic structures in Lithobiomorpha (Chilopoda)" (Poster); - 9. Jahrestagung der Gesellschaft für Biologische Systematik (GfBS), Wien 2007

  • Koch, M. & Edgecombe, G.D. (2008): The peristomatic structures of Lithobiomorpha (Chilopoda): comparative morphology and phylogenetic significance. ¿ Journal of Morphology, 269: 153-174.

  • Koch, M., Pärschke, S. & Edgecombe, G.D. "Evolution of the gizzard in the Scolopendromorpha (Chilopoda)" (Vortrag). - 14th International Congress of Myriapodologv, Görlitz 2008

 
 

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