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Patente und Innovation in den Deutschen Staaten, 1843-1877

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 375527171
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projekts war es, die Patentaktivität und Innovationstätigkeit in den deutschen Staaten für die Zeit vor der Harmonisierung des deutschen Patentrechts (1877) auf Basis von Patentdaten erstmalig empirisch zu untersuchen. Hierbei stand die Frage im Vordergrund, inwieweit regionale Unterschiede in der Patentaktivität auf Unterschiede im Patentrecht und in der Vergabepraxis zurückgeführt werden können und wie sich das Patentrecht auf die Innovationstätigkeit auswirkte. Zwei zentrale Ergebnisse stechen heraus. Erstens zeigt unsere Forschung, dass unterschiedliche Patentinstitutionen einen erheblichen Einfluss auf die Zahl der erteilten Patente haben können. Ein Vergleich zwischen Patentsystemen muss daher auch immer die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung berücksichtigen. Dies bedeutet, dass Patente kein neutraler Proxy für die Innovationskraft eines Landes sind. Daher beziehen wir in unsere Untersuchung auch alternative Innovationsindikatoren (Weltausstellungsexponate) mit ein. Ein zweites wichtiges Ergebnis unserer Forschung ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass ein restriktives Patentsystem (= geringe Erfolgsquote von Patentanträgen) unter gewissen Bedingungen für die Schaffung von Innovationen förderlich sein kann. Zu diesen Bedingungen gehört sehr wahrscheinlich ein hinreichend großer Markt, geringe Kosten der Patentanmeldung und eine hohe Rechtssicherheit des Patents nach der Erteilung. Ferner hatte das Projekt zum Ziel, die Bedeutung einzelner Erfinder von der Rolle der Unternehmen als Triebkräfte des technologischen Fortschritts in der Frühphase der Industrialisierung abzugrenzen. Eine Analyse des sozialen Profils deutscher Erfinder zeigt, dass zu den Patentanmeldern v.a. Handwerker und Unternehmer zählten. Der Anteil von Patentinhabern aus unteren sozialen Schichten (Handwerker ohne Meistertitel) war aber besonders in den süddeutschen Staaten Bayern und Württemberg sehr hoch. In Preußen ist der hohe Anteil der Ingenieure unter den Patentinhabern auffallend. Dies lässt auf eine – im Vergleich zu England oder den USA – größere Bedeutung formaler Humankapitalbildung im deutschen Fall schließen. Für Preußen legt eine umfassende Untersuchung von Erfinderbiographien zudem nahe, dass sich Erfindungstätigkeit auch finanziell auszahlte. In vielen Fällen ermöglichte ein Patent eine erfolgreiche Firmengründung. Insofern waren Patente ein Ventil für soziale Mobilität. Zuletzt fällt der sehr niedrige Anteil von Frauen unter den erteilten Patenten auf. Mit 1.6 Prozent hatte Bayern den höchsten Anteil „weiblicher Patente“. Dies spiegelt die im 19. Jahrhundert tief in den Institutionen verankerte rechtliche und bildungstechnische Diskriminierung von Frauen wider.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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