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Kognitive Verzerrungen beim assoziativen Gefahren- und Sicherheitslernen: Neurophysiologische Marker und mögliche Interventionen

Antragsteller Dr. Julian Wiemer
Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 378414384
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel dieses Projekts war es, unser Verständnis der neurokognitiven Prozesse von explizitem Gefahren- und Sicherheitslernen mit Hilfe von elektrophysiologischen ereigniskorrelierten Potentialen (EKPs) und funktionaler Magnetresonanztomografie zu vertiefen. Wir waren insbesondre an der Verarbeitung von sicheren Ereignissen interessiert, weil diese bislang wenig untersucht, aber dennoch wichtig für Sicherheitslernen sind. In allen Experimenten wurden neutrale menschliche Gesichter als konditionierte Stimuli verwendet, von denen die Hälfte (CS+) mit Gefahr verbunden war (ein unangenehmer elektrischer Reiz, unkonditionierter Stimulus, US) und die Hälfte (CS-) mit Sicherheit (Ausbleiben des US, omission = OM). In Experiment 1, einem inzidentellem Lernparadigma, fanden wir, dass die P300 auf die OM erhöht war, wenn die Verknüpfung zwischen dem CS- und Sicherheit später erinnert wurde relativ dazu, wenn sie vergessen wurde. Weitere Subsequent Memory Effekte (SME) wurden für die P300 auf den US und ein spätes positives Potential (LPP, 400-1000 ms) auf CS+ und CS- gefunden. In einer Re-Expositionsphase wurden den Teilnehmern erneut alle CS+ und CS- präsentiert und diese gaben mehr Angst bei erinnerten CS+ und vergessenen CS- an. In Experiment 2 wurde überprüft, wie sich selektive Aufmerksamkeit auf US oder OM auf diese EKPs auswirkt. Eine Gruppe zählte die Anzahl von US, während eine andere Gruppe die Anzahl der OM zählte. Es gab keine signifikanten Unterschiede bei der P300 auf US oder OM, aber die Zähler der OM zeigten erhöhte LPPs auf CS+ und CS-. In Experiment 3 lernten die Teilnehmer zielgerichtet die Zusammenhänge und die Ergebnisse von Experiment 1 wurden dabei weitestgehend repliziert. Wir fanden SME bei der P300 auf US und OM und bei der LPP auf CS+/CS-. Darüber zeigte sich eine reduzierte Alpha Power über okzipitalen Elektroden für erinnerte im Vergleich zu vergessenen CS+ und CS-. In Experiment 4 wurde ein zielgerichtetes Lernparadigma im FMRT-Scanner durchgeführt, um SMEs im Gehirn zu lokalisieren. Es zeigten sich SMEs im Hippocampus sowohl bei CS+ und CS-, als auch US und OM, und im linken dorsolateralen Präfrontalen Cortex (dlPFC) bei US und OM. Als zentrales Ergebnis war der ventromediale Präfrontale Cortex (vmPFC) spezifisch erhöht für später erinnerte Sicherheitsassoziationen (CS- und OM). Die Reaktion auf die OM war besonders gekennzeichnet durch SMEs im vmPFC anderen medialen präfrontalen Regionen, sowie visuellen und somatosensorischen Regionen. Schließlich wurden in Experiment 5 EKPs in Hoch- und Niedrigängstlichen untersucht. Hochängstliche wurden selektiert aufgrund selbstberichteter Angstsensitivität und Symptome von Angststörungen. Wir fanden, dass die P300 auf die OM nicht per se signifikant reduziert war bei Hochängstlichen, jedoch war der SME stärker in Richtung frontaler Elektroden ausgeprägt. Trotz vergleichbarer Erinnerungsleistung berichteten Hochängstliche grundsätzlich mehr Angst vor CS+ und CS- in der Re-Expositionsphase. Zusammengefasst konnten wir elektrophysiologische Marker von erfolgreichem explizitem Gefahren- und Sicherheitsgedächtnis identifizieren, welche sich möglicherweise in veränderter Form bei Menschen mit Angststörungen wiederfinden. In Zukunft könnten diese Ergebnisse helfen, relevante kognitive Prozesse während dem Verlernen von Angstreaktionen zu erfassen und weitere Erkenntnisse über die Entstehung von Angststörungen zu gewinnen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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