Detailseite
Projekt Druckansicht

Untersuchungen zur ländlichen Besiedlung, zum Burgenbau und zu den Besiedlungsstrukturen im linonischen Siedlungsgebiet der Westprignitz

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2006 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 37884847
 
An der Errichtung von Burgen bereits in der Zeit um oder bald nach 800 lässt sich eine frühe politisch-herrschaftliche Entfaltung des linonischen Gebietes ablesen, die im Wesentlichen den Entwicklungen bei den nördlich und nordöstlich benachbarten Slawen zu entsprechen scheint. Diese Burgen spielten in den fränkisch-sächsisch-slawischen Auseinandersetzungen des 9. und 10. Jhs. eine bedeutende Rolle. Die machtpolitische Relevanz der Burgen lässt sich an den kriegerischen Ereignissen um das Höhbeck-Kastell 808-811, den Kämpfen um Lunkini 929 sowie an den Ausbaumaßnahmen, die in der Zeit des Lutizenaufstands 983 am Lenzener Burgberg vorgenommen wurden, deutlich belegen, Zerstörungshorizonte des 9. Jh. in den Burgwällen von Lenzen-Neuehaus und Lenzersilge sind von archäologischer Seite nachzuweisen. Ein Effekt dieser häufigen politischen und militärischen Auseinandersetzungen wird eine Intensivierung der herrschaftlichen und militärischen Organisation bei den Slawen gewesen sein.Es ist wahrscheinlich, dass die Burgwälle Lenzersilge im 9., Lenzen-Neuehaus im 9./10. und Lenzen-Burgberg im 10.-12. Jh. Stützpunkte innerhalb der sich wandelnden slawischen Herrschaftsstruktur gewesen sind - als Sitze von Machthabern unterschiedlicher Reichweite, die Herrschaft über die Bewohner der Umgebung ausübten und zugleich zeitweise die Oberherrschaft größerer Mächte, slawischer, fränkischer oder sächsischer Herrscher, akzeptierten. Der Wandel der Befestigungsstrukturen, der vor allem in Lenzen-Neuehaus zu beobachten ist, bestätigt die in vielen nordwestslawischen Territorien von großen „Feldberger Wehranlagen zu kleinen Ringwällen, die in engem Zusammenhang mit der Herrschaftsentwicklung erfolgte. Was die Befestigungsentwicklung im Arbeitsgebiet besonders interessant macht, sind die Brüche in der Befestigungstopographie, so die Aufgabe von Lenzen-Neuehaus und Entstehung von Lenzen-Burgberg im 10. Jh. Von der 2. Hälfte des 9. Jh, bis ins 10. Jh. existierte am Burgwall Lenzen-Neuehaus eine Vorburgsiedlung (Fpl. Wustrow 10), die sich zu beiden Seiten der nördlich an der Burg vorbei fließenden Löcknitz befand. Das Ende der slawischen Burg führte nicht zur Aufgabe der nahen Siedlung, die bis ins 11. Jh. fortbestand.Die Dynamik der slawischen Besiedlung im Arbeitsgebiet wurde nicht nur durch die politischen Interaktionen zwischen Slawen, Franken und Sachsen beeinflusst, sondern unterlag in den Flusslandschaften von Elbe und Löcknitz gerade auch landschaftsgeschichtlichen Prozessen. Erkennbar ist eine flexible Anpassung an mitunter schwierige Umweltbedingungen mit wechselnden Flussverläufen und von Extremen gekennzeichneten Wasserständen. Die Grabungsergebnisse auf der niedersächsischen Eibseite weisen in dieselbe Richtung. Den naturräumlichen Aspekten wird bei den Geländeaktivitäten 2008 das vorrangige Augenmerk gelten. Daneben sollen vertiefende Erkenntnisse zur frühslawischen Siedlung von Lenzen Fpl. 32 am Rudower See gewonnen werden. Zuletzt soll Hinweisen auf einen slawischen Kultkomplex auf dem Marienberg nördlich von Lenzen nachgegangen werden.Die wissenschaftliche Auswertung der Geländeaktivitäten nach archäologischen, historischen und landschaftsgeschichtlichen Aspekten ist nur im Rahmen eines zu beantragenden fünften Projektjahres zu realisieren, das auch eine Fortführung der Auswertung der Burgwallgrabung auf dem Lenzener Burgberg beinhalten soll. Ziel ist die Erstellung jeweils publikationsfähiger Manuskripte.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Beteiligte Person Dr. Thomas Kersting
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung