Abschluss des in Kooperation mit dem Schweizerischen Nationalfonds bearbeiteten Projekts „Wirkungsgeschichte von Goethes Werk ‚Zur Farbenlehre‘ in Berlin 1810–1832“
Wissenschaftsgeschichte
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Unter dem Thema „Wirkungsgeschichte von Goethes Werk ,Zur Farbenlehre' in Berlin 1810 - 1832" wurden Vorgänge aus den Bereichen Naturwissenschaft, Naturphilosophie und Kunsttheorie untersucht, die unter dem Einfluss des 1817 gegründeten preußischen Kultusministeriums standen. Das Bereitstellen einer ausgedehnten Materialgrundlage ermöglicht erstmals deren differenzierte Beurteilung. Außerdem gewähren die Quellen Einblick in die Arbeitsweise des Kultusministeriums. An der Förderung der Aktivitäten zur Farbenlehre war der Kultusminister Karl vom Stein zum Altenstein (1770-1840) persönlich beteiligt. Auch in äußerst angespannten Finanzsituationen fand er auf bisweilen unkonventionelle Art Mittel und Wege zur Unterstützung solcher Unternehmen. Sein Interesse an naturwissenschaftlichen Aspekten der Farbenlehre ging so weit, dass er auf die Forschungen der Physiologen Johann Evangelista Purkinje (1787-1869) und Johannes Müller (1801-1858) direkt Einfluss nahm. Altensteins Förderung der Farbenlehre beschränkte sich auf die preußische Hauptstadt. So etwas wie die naturphilosophische Ausdeutung der Farbenlehre durch Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) und seinen Schüler Leopold von Henning (1791-1866) gab es nur an der Berliner Universität, was der von Altenstein dieser Bildungseinrichtung zugedachten Rolle als Zentraluniversität des Königreichs entsprach. Es gelang Altenstein im Zusammenhang mit der vom Kultusministerium geförderten Kunstreise des Malers Karl Joseph Raabe (1780-1849), Goethe und dessen „weimarischen Kunstfreund" Johann Heinrich Meyer (1760-1832) in die Planung der Reorganisation der künstlerischen Einrichtungen der Hauptstadt einzubeziehen. Jedoch verfolgte Altenstein mit der Förderung der Farbenlehre nicht nur diesen Zweck. Er scheint dieses Werk vor allem als ein vollkommen ausgeführtes Beispiel für die Möglichkeit betrachtet zu haben, im Rahmen seiner Reformbestrebungen den Geist der Weimarer Klassik in weite Bereiche der Kultur mit Einschluss der Wissenschaften zu übertragen. Altenstein hoffte, diesen Geist im preußischen Staat im Allgemeinen und in der Hauptstadt im Besonderen wirksam werden zu lassen und einer so gearteten preußischen Kultur trotz der wenigen verfügbaren Mittel zu einer Blüte und zu einem Charakter zu verhelfen, der sie vor den Kulturbestrebungen anderer europäischer Staaten auszeichnen sollte. Goethe selbst hat zwar die Bemühungen Altensteins geschätzt und anerkannt, war aber letztlich mit den meisten Resultaten unzufrieden. Er konnte weder die von seiner Farbenlehre angeregten Entwicklungen der Sinnesphysiologie noch der Naturphilosophie mit seinen eigenen An- und Absichten vereinbaren. Einzig die von Raabe begonnene und von den Malern Wilhelm Ternite (1786-1871) und Wilhelm Zahn (1800-1871) fortgesetzte Beschäftigung mit der Farbigkeit antiker Malerei fand seine ungeteilte Zustimmung und interessierte ihn bis in die letzten Tage seines Lebens. Die Ergebnisse des Projekts sind als Web-Anwendung allgemein und kostenlos verfügbar (open access)." Außerdem ist der Datenbestand des Projekts in einem für die Langzeitarchivierung angelegten TextGrid-Archiv zugänglich. Der Edition-Viewer TIDO und die Schnittstellenspezifikation Text-API sind mit quelloffenen Lizenzen versehen und wurden bereits in anderen Forschungsvorhaben eingesetzt. Die Metadaten der in der Quellensammlung enthaltenen Briefe werden dem Projekt CorrespSearch zur Verfügung gestellt und sind dort im Kontext anderer Briefeditionen auffindbar.
