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Die frühen Wittenberger Thesen: Disputationen und Thesenreihen in Wittenberg 1516-1523
Antragsteller
Dr. Henning Bühmann
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Frühneuzeitliche Geschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 387081450
Bei der Erforschung des Disputationswesens im frühen 16. Jahrhundert bestehen gravierende Lücken, die auch auf mangelndes Quellenmaterial zurückzuführen sind. Aus dem Umfeld der theologischen Fakultät Wittenberg haben sich dagegen mehr als 80 für Disputationen bestimmte Thesenreihen erhalten, die einen Einblick in das Disputationswesen einer frühneuzeitlichen Universität geben und zugleich die Bedeutung der Disputation als Medium für die Entstehung der reformatorischen Theologie und ihrer praktischen Umsetzung zeigen. Ziel des Projektes ist es, für den Zeitraum von 1516 bis 1523 anhand der erhaltenen Thesenreihen das Wittenberger Disputationswesen zwischen Tradition und Innovation darzustellen: Wie waren in der frühen Reformationszeit die Thesenreihen und die auf ihnen beruhenden Disputationen in den akademischen Lehrbetrieb der Universität Wittenberg eingebunden, und welche Funktion hatte das Disputationswesen für die Formulierung der reformatorischen Theologie? Die Untersuchung der Wittenberger Thesenreihen soll wissenschafts- und ideengeschichtliche Ansätze mit druck- und buchgeschichtlichen Methoden verbinden. Mit diesen Methoden soll zunächst die Überlieferung dieser Thesen untersucht werden. Ferner sollen anhand der Wittenberger Thesen die Einbindung des Disputationswesens in den akademischen Lehrbetrieb der Universität Wittenberg dargestellt werden. Darüber hinaus werden vorsichtige Rückschlüsse auf das mündliche Disputationswesen gezogen. Schließlich soll anhand ausgewählter Disputationen deren Bedeutung für die Entwicklung der reformatorischen Theologie und deren Umsetzung in konkreten Kirchenreformen untersucht werden.Die Entstehung von vier Sammeldrucken in Leiden, Basel und Paris und von handschriftlichen Sammlungen in verschiedenen Gelehrtenbibliotheken gibt Einblick in die internationale Rezeption reformatorischer Theologie in den frühen 1520er Jahren und bezeugt eine Handschriften und Druck verbindende gelehrte Praxis. Zugleich ist es anhand des reichhaltigen Quellenmaterials möglich, die Disputationspraxis in einer frühneuzeitlichen Universität beispielhaft zu rekonstruieren. So kann auch die Einbettung der reformatorischen Theologie in das bereits im Hochmittelalter ausgebildete Disputationswesen nachvollzogen und die Wittenberger Thesen in eine Dynamik von Tradition und Innovation eingeordnet werden. Schließlich bildet die Analyse des hier vorgestellten Quellenkorpus eine essentielle Basis für die dringend notwendige Edition der Thesenreihen, die neben den Thesenreihen Luthers, Karlstadts und Melanchthons auch Disputationsthesen von bisher weniger beachteten Wittenberger Professoren umfasst.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen