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Auf der Suche nach Harmonie: Klassische Musik, Emotion und der Menschenrechtsdiskurs in den USA seit dem Zweiten Weltkrieg
Antragstellerin
Professorin Dr. Jessica Gienow-Hecht
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 387333020
Das Projekt geht von der Hypothese aus, dass klassischer Musik im 20. und 21. Jahrhundert eine besondere politische Wirkungsmacht zukommt und dass diese eng mit Diskursen zu Humanität, Menschenrechten und Moral zusammenhängt. Anhand einer Fallstudie zu U.S.-amerikanischen Symphonieorchestern, ihren Komponisten, Dirigenten und Musikern, soll dargestellt werden, wie klassische Musik als Träger von Emotion und politischer Inhalte seit den 1940er Jahren fungierte und welche Rolle hierbei amerikanischer Cultural Diplomacy zuzuschreiben ist. Drei Verknüpfungspunkte von klassischer Musik und Menschenrechtsdiskurs, die bisher weitgehend unbeachtet von der Forschung geblieben sind, legen eine eingehendere Betrachtung des Gegenstandes nahe. Erstens verfügen sowohl Musik als auch Menschenrechte über universelle Reichweite und werden daher beide in einem inter- beziehungsweise transnationalen Aktions- und Wirkungsraum verhandelt. Zweitens sind beide Bereiche durch die zentrale Idee der Wertegebundenheit ausgezeichnet und berufen sich auf klassische Ideale, Ideen der Aufklärung und des Idealismus und eine primär westliche Herkunft. Drittens entfalten sowohl klassische Musik als auch der Menschenrechtsdiskurs eine enorme emotionale Wirkungsmacht, die insbesondere von U.S.-amerikanischen Akteuren seit Ende des Zweiten Weltkrieges bewusst zur Durchsetzung politischer Ziele eingesetzt wurde. Vor dem Hintergrund dieser drei Beobachtungen beabsichtigt das Projekt, Emotion als verbindendes Konzept anzuwenden. Emotion ermöglicht es, die Verflechtung von, aber auch Spannung zwischen Musik, Menschenrechten und U.S.-amerikanischer Cultural Diplomacy sowie staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren aufzuzeigen. Die Langzeitstudie setzt Mitte der 1940er Jahre an. Zu dieser Zeit gewann der politische und öffentliche Menschenrechtsdiskurs in Europa und Nordamerika vor dem Hintergrund weltpolitischer Entwicklungen und Umbrüche wie dem Zweiten Weltkrieg, dem Beginn des Kalten Krieges sowie der Dekolonisierung ehemaliger Kolonien erheblich an Bedeutung. Zudem wurden kulturelle Exporte der USA, entgegen anderer westlicher Staaten wie zum Beispiel Frankreich, erst nach 1945 zunehmend als Teil auswärtiger Diplomatie massiv instrumentalisiert. Das Vorhaben sucht bewusst die gängige Periodisierung des Kalten Krieges zu entgrenzen und somit Brüche und (Dis)Kontinuitäten U.S.-amerikanischer Cultural Diplomacy nach dessen Ende bis in die 2000er Jahre in den Blick zu nehmen. Somit sollen auch die Ereignisse von 9/11 und deren Einfluss auf U.S.-amerikanische Kulturpolitik in die Studie einbezogen werden. Insgesamt beabsichtigt das Forschungsvorhaben mit dieser Fallstudie, neue Erkenntnisse über informelle, weniger sichtbare und bisher kaum untersuchte Praktiken, Beziehungen und Einflüsse in der Debatte um Musik und Menschenrechte hervorzubringen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen