Es ist an der Zeit: Verteilungsanalysen von psycholinguistischen Daten.

• Antragsteller: Peter Hendrix, Ph.D.
• Fachliche Zuordnung: Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
• Förderung: Förderung von 2017 bis 2021
• Projektkennung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 387774888

Statistische Analysen psycholinguistischer Daten mit zeitlichen abhängigen Variablen (AV), wie zum Beispiel Reaktionszeit und Fixationsdauer, konzentrieren sich üblicherweise auf den Mittelwert der AV. Analysen des Mittelwerts sind hilfreich um Haupttrends zwischen den AV und der Prädiktoren zu untersuchen. Allerdings gibt es Prädiktoren, die unterschiedlich in verschiedenen Bereichen der Verteilung der AV wirken. Diese verteilungsabhängigen Effekte können mit den klassischen Mittelwertsanalysen nicht untersucht werden, versprechen aber zu einem deutlich tieferen Verständnis der Mechanismen, die der Sprachverarbeitung zu Grunde liegen, beizutragen.Jüngste Fortschritte in der Entwicklung statistischer Methoden bieten neue Möglichkeiten für Verteilungsanalysen psycholinguistischer Daten. Dieses Projekt wird sich auf zwei statistische Verfahren konzentrieren: die Ereigniszeitanalyse (time-to-event analysis) und die generalisierte additive Quantilsregression (generalized additive quantile regression). Die Ereigniszeitanalyse ermöglicht die Untersuchung der relativen Zeitabfolge und zeitlichen Dynamik von Prädiktoreffekten. Die Quantilsregression ermöglicht es sowohl lineare als auch nicht lineare Prädiktoreffekte in bestimmten Quantilen der AV zu untersuchen.Die Ereigniszeitanalyse und die Quantilsregression können auf zahlreiche zeitliche AVen in der psycholinguistischen Forschung angewendet werden, einschließlich Reaktionszeiten in lexikalischen Entscheidungsaufgaben oder Benennaufgaben, oder Fixationsdauern in Eyetracking-Versuchen. Erste Untersuchungen mit Verteilungsanalysen konnten neue Erkenntnisse aus bestehenden experimentellen linguistischen Daten gewinnen. Beispielsweise stellte sich heraus, dass sowohl im Englischen also auch im Mandarin-Chinesischen Ganzwortfrequenzeffekte komplexer Wörter (z. B. "Bücherwurm") zeitlich mit Frequenzeffekten der Bestandteile (z. B. "Buch", "Wurm") zusammen fallen oder diesen vorausgehen. Diese Beobachtung stellt Modelle lexikalischer Verarbeitung in Frage, die postulieren, dass der Zugang zu Wortbestandteilen dem Zugang zur vollständigen Form vorangehen sollte, während es semantics-first Ansätze aus einer neuen Perspektive unterstützt.Das Ziel des Projekts ist es Best-Practise-Ansätze von Verteilungsanalysen zeitlicher AVen in der psycholinguistischen Forschung zu erstellen, psycholinguistische Datensätze erneut zu analysieren und mit Hilfe der Analyseergebnisse Modelle der lexikalischen Verarbeitung neu zu bewerten. Damit soll ein tieferer Einblick in die lexikalische Verarbeitung erlangt werden. Die Ergebnisse des Projekts werden dabei auf Konferenzen präsentiert, in Zeitschriften publiziert und in einer einführenden Monographie über die Anwendung von Verteilungsanalysen auf (psycho)linguistischen Daten ausgearbeitet. Im Interesse der Reproduzierbarkeit werden die statistischen Analysen die allen Veröffentlichungen zu Grunde liegen durch das Potsdam Mind Research Repository zur Verfügung gestellt.

• DFG-Verfahren: Sachbeihilfen
• Internationaler Bezug: Frankreich, Großbritannien, Kanada
• Kooperationspartner: Paul Blanche, Ph.D.; Matteo Fasiolo, Ph.D.; Daniel Schmidtke, Ph.D.