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Der Mindestlohn in Deutschland: Wirkung auf Beschäftigung, Lohn und Reallokation

Antragsteller Dr. Philipp vom Berge
Fachliche Zuordnung Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 388002723
 
Über die letzten zwei Jahrzehnte hat Deutschland einen deutlichen Anstieg der Lohnungleichheit erfahren, insbesondere im unteren Bereich der Lohnverteilung. Zwischen 1995 und 2012 sind die Reallöhne am zehnten Perzentil um 8% gefallen, während der Median weitestgehend konstant blieb und die Löhne am 85ten Perzentil um 13% angestiegen. Im selben Zeitraum verfiel das Tarifsystem, das zu Beginn der frühen 1990er Jahre noch mehr als 90% der Arbeitnehmerschaft abdeckte, zusehends, und umfasst heute nicht einmal mehr die Hälfte der Arbeitnehmer. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung im Januar 2015 zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde eingeführt, der etwa am 15ten Perzentil in die Lohnverteilung von 2013 eingriff. Es ist eine hitzige Debatte unter Akademikern und Politikern gleichermaßen entbrannt, ob diese Politik den Lebensstandard der Erwerbsarmen hebt, oder ob sie stattdessen genau den Arbeitnehmern durch Jobverlusten schadet, die sie ursprünglich unterstützen sollte. Das Ziel unserer Forschung ist es, Licht in diese Diskussion zu bringen, indem wir den Einfluss der Einführung des neuen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf Beschäftigung, Lohnniveau, Lohnungleichheit, Markt Ein- und Austritte von Unternehmen, sowie die Reallokation von Arbeitnehmern bspw. von weniger produktiven hin zu produktiveren Unternehmen untersuchen. Um die Empirie zu leiten entwickeln wir einen theoretischen Rahmen, der, im Gegensatz zu den bislang in der Mindestlohnforschung genutzten Arbeitsmarktmodellen, die Heterogenität von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichermaßen berücksichtigt, und mit einer endogenen Lohnfindung kombiniert. Unsere empirische Analyse beruht dann auf einem neuen und innovativen Datenprodukt, welches von einem der Antragsteller entwickelt wurde. Hierbei handelt es sich um ein monatliches Panel, das Beschäftigung und Arbeitslosigkeit von allen Personen, die im Sozialversicherungssystem erfasst sind, auf einem aktuellen Stand abbildet. Kombiniert werden diese Informationen mit Individualdaten zu Löhnen und Arbeitsstunden aus der Beschäftigtenhistorik (BEH) des IAB. Zur Identifikation nutzen wir Variation im 'Bite' des Mindestlohns (dem Anteil der Arbeitnehmer, die vor der Einführung des Mindestlohns weniger als 8,50 Euro/Stunde verdient haben) über Regionen und Firmen in einem Differenz-von-Differenzen Ansatz, der mit einer Eventstudie kombiniert wird. Unser konzeptionell und empirisch origineller Beitrag wird unser Verständnis der Kanäle, durch die der Mindestlohn den Arbeitsmarkt beeinflusst, signifikant erhöhen. Unser vorgeschlagenes Forschungsprojekt als solches wird bedeutende neue Einsichten zur Debatte um Mindestlöhne liefern, und zwar nicht nur in Deutschland sondern auch in anderen Ländern.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
Internationaler Bezug Großbritannien
Kooperationspartner Dr. Attila Lindner
Mitverantwortlich(e) Professorin Uta Schönberg, Ph.D.
 
 

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