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Untersuchung der Rolle biologischer Eisenreduktion als lebenserhaltenden Prozess am potentiellen Temperaturlimit der tiefen Biosphäre in marinen Sedimenten (IODP Expedition 370) (RESPIRE)

Antragstellerin Dr. Susann Henkel
Fachliche Zuordnung Paläontologie
Mineralogie, Petrologie und Geochemie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 388260220
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die marinen Sedimente der tiefen Biosphäre stellen das größte Reservoir an organischem Kohlenstoff auf der Erde dar. Der Abbau der Organik ist die treibende Kraft für mikrobielle Aktivität in den Sedimenten, die wiederum rückkoppelt auf globale Stoffkreisläufe. Ziel der IODP Expedition 370 war es, die Temperaturgrenze mikrobiellen Lebens in der tiefen Biosphäre zu erforschen. Der Nankai Trog bietet dafür mit seinem hohen T-Gradienten ideale Bedingungen. Die Sedimente an Site C0023, die in diesem Projekt untersucht wurden, stammen aus bis zu 1180 m Tiefe und bis zu 120°C. Teilaspekte der übergeordneten Fragestellung der Expedition nach der Grenze des Lebens wurden im Projekt RESPIRE bearbeitet: Es sollte (1) die Verfügbarkeit von durch Mikroorganismen reduzierbaren Fe-Oxiden an Site C0023 untersucht werden, (2) die Alteration von geochemischen Signalen in den Kernen evaluiert werden und (3) über Fe-Isotopensignale abiotische von mikrobiell gesteuerter Fe-Reduktion voneinander unterschieden werden. (1) Um reaktive Eisenphasen zu quantifizieren, die als mögliche Energiesubstrate für mikrobiell gesteuerte Prozesse dienen können, wurde eine Kombination aus sequentieller Eisenextraktionen, Mössbauer-Spektroskopie und gesteinsmagnetischen Analysen angewendet. Die Ergebnisse zeigen, dass große Mengen reduzierbaren Eisens in Schichtsilikaten gebunden und über die gesamte Sedimentsäule vorhanden sind. (2) In den vergangenen 15 Millionen Jahren haben sich die Sedimente an der Site C0023 aufgrund der tektonischen Bewegung der Philippinischen Platte – bezogen auf ihre heutige Position – um mehrere hundert Kilometer vom Shikoku Becken zum Nankai Trog verschoben. Während dieser tektonisch-bedingten Migration haben die Sedimente erhebliche Veränderung in der Ablagerung sowie den geochemischen und thermischen Bedingungen erfahren. Das Projekt befasste sich mit der Entwicklung der (bio-)geochemischen Prozesse während der tektonischen Migration des Meeresbodens an Site C0023 mit Fokus auf den Eisenstoffkreislauf. Die mögliche Abfolge (bio-)geochemischer Prozesse und die damit verbundene diagenetische Überprägung der Sedimente wurden rekonstruiert und in einem weiteren Schritt durch reaktive Transportmodellierung quantitativ überprüft. (3) Es wurde die Isotopenzusammensetzung von gelöstem sowie sequentiell extrahiertem Eisen (δ56Fe) untersucht, um mikrobielle und abiotische Prozesse im Eisenstoffkreislauf in den tiefen und heißen Sedimenten an Site C0023 zu unterscheiden. Die insgesamt negative Isotopenzusammensetzung des gelösten Eisens schließt die dissimilatorische Eisenreduktion als Hauptfreisetzungsweg für Eisen nicht aus. Einige Proben weisen jedoch außergewöhnlich niedrige δ56Fe-Werte von bis zu -5.9‰ auf, welche nicht allein auf mikrobielle Eisenreduktion zurückgeführt werden können, sondern sich mit Rayleigh-Destillation erklären lassen. Die mikrobiell gesteuerte Freisetzung sowie die Diffusion und Adsorption von gelöstem Eisen an Mineraloberflächen fanden zunächst gleichzeitig statt. Durch erhöhte Sedimentationsraten und dem damit einhergehenden Anstieg der Sedimenttemperatur über die Temperaturgrenze mesophiler Mikroorganismen vor etwa 0,4 Millionen Jahre könnte die mikrobielle Eisenreduktion jedoch in dem Intervall, in dem das Eisen zuvor freigesetzt wurde, geendet haben. Abiotische Prozesse (Diffusion und Adsorption) fanden aber weiterhin statt und führten zu den extrem niedrigen δ56Fe-Werten. Diese Entkopplung von biotischen und abiotischen Prozessen ist letztlich auf die Ablagerungs- und Temperaturdynamik an der Site C0023 zurückzuführen. Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass die tektonisch-bedingte Migration des Ozeanbodens und der darüber liegenden Sedimente zu signifikanten Änderungen in der Ablagerung und in den geochemischen und thermischen Bedingungen führen kann. Diese Änderungen beeinflussen wiederum die Bewohnbarkeit der tiefen Biosphäre und kontrollieren die (bio-)geochemischen Prozesse sowie die geochemischen und Isotopensignaturen in der gesamten Sedimentsäule. Die Ergebnisse dieser Studie liefern wichtige Erkenntnisse für die Interpretation von stabilen Eisenisotopen in marinen Sedimenten und tragen zu einem besseren Verständnis der langfristigen Variabilität von (bio-)geochemischen Prozessen in der tiefen marinen Biosphäre bei.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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