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Die strategische Position am südlichsten Flussabschnitt der Donau von der Frühen Eisenzeit bis zum Ende des römischen Limes. Archäologische Untersuchungen von Siedlungen und Befestigungsanlagen am Tash bair bei Novgrad (Bulgarien)

Antragsteller Dr. Sven Conrad
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 388543935
 
Erstellungsjahr 2024

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zwischen 2018 und 2024 erforschten das Nationale Archäologische Institut mit Museum Sofia (NAIM) und das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen eine Mikroregion an der unteren Donau (Nord-Bulgarien). Die Untersuchungen waren speziell auf eine Fundstellenkonzentration auf der Westseite der Jantra-Mündung gerichtet, gelegen auf dem markanten Höhenrücken des Tash bair und in seinem Umfeld. Im Ergebnis dieser und der vorangegangenen Forschungen kann das Arbeitsgebiet an der unteren Jantra zu den am besten erforschten Regionen auf der östlichen Balkan-Halbinsel gezählt werden. Die Schlüsselstellung besaß hier schon im Spätneolithikum (ca. 5100-4900 v.Chr.) eine große Fundstelle am Unterhang, die sich am südlichsten Punkt des Donaulaufs in einer strategisch günstigen Position befand und über die der direkte Zugang zur Jantra und damit zur Donau möglich war. Nach einer eher sporadischen Besiedlung vom Chalkolithikum bis zur Frühen Bronzezeit (ca. 4900-3100 v.Chr.) erlangte die Mikroregion ab der Mittelbronzezeit mit der Anlage einer möglicherweise rituell genutzten Kreisgrabenanlage eine große Bedeutung. Von der Spätbronzezeit (ca. 1500-1100 v.Chr.) bis zur Späten Eisenzeit (ca. 6.-1. Jh.v.Chr.) existierte ein regionales Machtzentrum, welches sich in kleinen Befestigungswerken manifestierte und den Zugang zur Donau kontrollierte. Hier kreuzten sich die mit dem zunehmenden überregionalen Austausch immer wichtiger werdenden Verkehrswege entlang der Donau in Ost-West- und entlang der Jantra in Nord-Süd-Richtung. Insbesondere für das Spätneolithikum (Vădastra-Kultur) und die Frühe Eisenzeit (Basarabi-Kultur; 8.-7. Jh.v.Chr.) können wir für den Platz die konkrete Vermittlung von Kulturphänomenen über die Donau hinweg annehmen. Die günstigen Siedlungsbedingungen am südlichen Unterhang des Tash bair wurden auch in römischer und frühmittelalterlicher Zeit durch ausgedehnte Siedlungen bzw. die Anlage einer großen Wallanlage wieder genutzt. Große Teile der hochwassergefährdeten Areale entlang der Flussmäander waren von der Frühen Eisenzeit bis zum Frühmittelalter ebenfalls besiedelt. Die Verlandung der Flussmäander unterhalb des Tash bair und die Verlagerung des Flusses an den Ostrand der Niederung, wie dies durch die Arbeitsgruppe des Geographischen Instituts der Universität Leuven festgestellt wurde, führten allerdings seit der Zeitenwende zu einem Verlust des direkten Flusszugangs. Dies ist möglicherweise der Grund für das Fehlen einer kaiserzeitlichen Militärstation an dieser Stelle und die spätere Standortwahl des Kastell Iatrus auf der Ostterrasse. Durch unsere Forschungen konnten wir einerseits zeigen, wie günstige naturräumliche und geographische Bedingungen die Ausprägung eines Siedlungs- und Befestigungskomplexes auf der Westseite der Jantra-Mündung zu verschiedenen Zeiten beförderten. Insbesondere die überregionale verkehrsgeographische Lage scheint hier eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Auf der anderen Seite führte der Verlust der Siedlungsgunst durch die Flussverlagerung zu einer zunehmenden Marginalisierung des Platzes – ein Prozess, der sich über mehrere Jahrhunderte hinzog. Dieser ökologischen, wohl anthropogen verursachten Krise wurde schließlich durch die Aufgabe des Platzes und die Siedlungsverlagerung auf die Ostseite der Jantra-Mündungsebene am Ende des Frühmittelalters (ca. 11./12. Jh.) begegnet.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Теренни археологически проучваня в м. Таш баир, землище на с. Новград, община Ценово, област Русе. In: Археологически открития и разкопки през 2018 (Sofia 2019) 83-85
    Л. Вагалински; С. Конрад; Р. Краус; Л. Трайкова & Н. Кечева
  • Теренни археологически проучвания в м. Таш баир, землище на с. Новград, общ. Ценово, обл. Русе. In: Археологически открития и разкопки през 2019, том 2 (Sofia 2020) 1176–1180.
    Л. Вагалински; С. Конрад; Р. Краус; Л. Трайкова & Н. Кечева
  • Теренни издирвания в м. Таш баир, чемлищата на селата Новград и Караманово, обш. Ценово, обл. Русе, и с. Вардим, общ. Свищов, обл. Велико Търново. In: Археологически открития и разкопки през 2019, том 1 (Sofia 2020) 18–23.
    Л. Вагалински; С. Конрад; Р. Краус; Л. Трайкова & Н. Кечева
  • Novgrad – Tash bair I. Archaeological investigations at the southernmost point of the Danube Razkopki i proučvanija 48 (Sofia 2023) (ISBN 978-619-245-386-2 [print]; 978-619-254-029-6 [online])
    L. Vagalinski; S. Conrad; L. Traykova; N. Kecheva & R. Krauß
  • Taš bair – Das Einfallstor in den Balkanraum. Archäologie in Deutschland 2023, 6, 42-45.
    S. Conrad & R. Krauß
  • The Region at the Lower Course of the Yantra-River. Fortifications and Settlements from the 1st to the 6th Centuries. In: Proceedings of the 24th Congress of Roman Frontier Studies held in Belgrade and Viminacium (Belgrade 2023) 1355-1369 (ISBN 978-86-6439-088-0)
    S. Conrad; L. Vagalinski; L. Traykova & N. Kecheva
 
 

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