Kartellbildung und Kartellstabilität - Experimentelle Untersuchung der Kronzeugenregel mit offener Kommunikation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Verfolgung von Kartellen ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von Kartellbehörden in aller Welt, da Kartelle die gesellschaftliche Wohlfahrt erheblich beeinträchtigen können. In den vergangenen Jahren haben viele Kartellverfolgungsbehörden deshalb Kronzeugenregelungen eingeführt, um bestehende Kartelle zu destabilisieren und die Bildung neuer Kartelle zu verhindern. Diese Regelungen versprechen einem Unternehmen, das sich an einem Kartell beteiligt hat, Straffreiheit, wenn es das Kartell an die Behörde meldet und Beweise liefert, die zur Sanktionierung der anderen am Kartell beteiligten Unternehmen führen. Da eine solche Kronzeugenregelung nicht nur einen Anreiz bietet, bestehende Kartelle zu melden, sondern es auch attraktiver machen kann, überhaupt erst ein Kartell zu bilden, ist es umstritten, ob die Regelung insgesamt ihr Ziel erreicht, für mehr Wettbewerb zu sorgen. Empirisch ist es schwierig, den Erfolg einer solchen Regelung zu beurteilen, da die Forschenden nur die aufgedeckten Kartelle beobachten können, nicht aber die funktionierenden Kartelle. Daher sind experimentelle Studien zu diesem Thema erforderlich. Bisherige experimentelle Studien haben jedoch die Entscheidungsumgebung in vielerlei Hinsicht vereinfacht, so dass es schwierig ist, aus ihren Ergebnissen Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Kronzeugenregelung auf reale Kartelle zu ziehen. Dieses Projekt leistet drei wesentliche Beiträge: Erstens führen wir mehrere Verbesserungen für experimentelle Designs zur Untersuchung von Instrumenten der Wettbewerbspolitik ein, mit dem Ziel die externe Validität solcher Studien zu erhöhen. Diese neuen Design-Features können auch auf andere ökonomische Wettbewerbs-Experimenten angewandt werden, unabhängig von dem konkreten Politik-Instrument, das evaluiert werden soll. Zweitens verwenden wir ein Design mit diesen Verbesserungen, um die Frage zu untersuchen, wie eine Kronzeugenregelung die Kartellbildung in einem Markt beeinflusst. Interessanterweise hat eine Kronzeugenregelung in diesem Experiment mit verbesserter externer Validität keine Auswirkungen auf das rechtswidrige Verhalten von Unternehmen, im Gegensatz zu bisherigen Experimenten in der Literatur. Drittens verwenden wir eine Reihe neuer Text-Mining-Ansätze, um die Kommunikation zwischen Teilnehmende in der Rolle von Unternehmen im Experiment zu untersuchen. Dabei zeigen wir, dass ein solcher Ansatz gut geeignet ist, um die manuelle Kodierung von Chat-Nachrichten in vordefinierte Kategorien durch Menschen zu ersetzen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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The leniency rule revisited: Experiments on cartel formation with open communication. International Journal of Industrial Organization, 76, 102728.
Andres, Maximilian; Bruttel, Lisa & Friedrichsen, Jana
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The Leniency Rule Revisited: Experiments on Cartel Formation with Open Communication. SSRN Electronic Journal, 2021.
Andres, Maximilian; Bruttel, Lisa & Friedrichsen, Jana
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How Communication Makes the Difference between a Cartel and Tacit Collusion: A Machine Learning Approach. SSRN Electronic Journal, 2022.
Andres, Maximilian; Bruttel, Lisa & Friedrichsen, Jana
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How communication makes the difference between a cartel and tacit collusion: A machine learning approach. European Economic Review, 152, 104331.
Andres, Maximilian; Bruttel, Lisa & Friedrichsen, Jana
