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Gerichtlicher Rechtsschutz im Rahmen der grenzüberschreitenden Strafverfolgung
Antragsteller
Professor Dr. Martin Böse
Fachliche Zuordnung
Strafrecht
Förderung
Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389499413
Anders als die Strafverfolgung im Inland ist die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen nicht nur Bestandteil der Strafrechtspflege, sondern auch der auswärtigen Beziehungen. Aus dieser zwischenstaatlichen Dimension der Rechtshilfe ergeben sich erhebliche Beschränkungen des gerichtlichen Rechtsschutzes. So wird die Überprüfung einer ausländischen Entscheidung (z.B. eines Haftbefehls) abgelehnt und der Betroffene statt dessen auf den Rechtsbehelf im ersuchenden Staat verwiesen, obwohl der Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz damit aufgrund der räumlichen Entfernung, fehlender Sprachkenntnisse und mangelnder Vertrautheit mit einer fremden Rechtsordnung erheblich erschwert wird. Soweit Rechtsschutz gewährt wird, haben neuere Gerichtsentscheidungen zu Unsicherheiten in Bezug auf Prüfungsmaßstab (Verfassungsrecht, EU-Recht) und Kontrolldichte geführt. In der Europäischen Union haben das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung und die neuen Instrumente der strafrechtlichen Zusammenarbeit (z.B. Europäischer Haftbefehl) diese Probleme verschärft, es finden sich aber auch erste Ansätze zu grenzüberschreitenden Rechtsbehelfen (z.B. im Schengener Informationssystem). In Deutschland wird die Situation für den Rechtsschutzsuchenden zudem dadurch erschwert, dass der gerichtliche Rechtsschutz im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) nur lückenhaft geregelt ist; so ist beispielsweise unklar, ob und inwieweit Ermessensentscheidungen über die Auslieferung an einen Nichtmitgliedstaat gerichtlich anfechtbar sind.Die geplante Untersuchung hat die Entwicklung eines Rechtsschutzmodells zum Ziel, das einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz sicherstellt, zugleich aber einen funktionierenden Auslieferungs- und Rechtshilfeverkehr gewährleistet. Um den Rechtsschutz zu stärken, könnte einerseits die gerichtliche Überprüfung im ersuchten Staat wieder ausgeweitet werden (s.o. zur Überprüfung ausländischer Entscheidungen). Andererseits könnte die grenzüberschreitende Gewährung von Rechtsschutz innerhalb der Europäischen Union durch eine engere Abstimmung und Verzahnung der gerichtlichen Verfahren im ersuchenden und ersuchten Staat erleichtert werden (z.B. durch die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung des ersuchenden Staates, z.B. einen Haftbefehl, im ersuchten Staat einzulegen). Die Bandbreite möglicher Lösungsansätze soll im Kontext ausgewählter Rechtsordnungen näher untersucht werden. In die rechtsvergleichende Analyse werden sowohl Mitgliedstaaten der Europäischen Union als auch Nichtmitgliedstaaten einbezogen; dabei sollen insbesondere die Unterschiede zwischen der Zusammenarbeit innerhalb der Union einerseits und dem Rechtshilfeverkehr mit Drittstaaten andererseits und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den gerichtlichen Rechtsschutz beleuchtet werden. Das Ergebnis der Untersuchung soll in einen Reformvorschlag für die Regelung des Rechtsschutzes im IRG einmünden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen