Industrieller 3D-Betondruck durch selektive Zementaktivierung - Verfahren, Material, Anwendungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die selektive Zementaktivierung (SCA) ist ein additives Fertigungsverfahren zur Herstellung von Bauteilen aus Beton. Die SCA gehört zu den Verfahren des selektiven Bindens, bei denen schüttfähiges Material in dünnen Schichten ausgebracht und durch Einbringen einer flüssigen Komponente selektiv gebunden wird. Verglichen mit anderen Verfahren der additiven Fertigung mit Beton sind Auflösung und geometrische Freiheit besonders hoch. Bei der SCA besteht die Partikelschicht aus einer Trockenmischung aus Zement und Gesteinskörnung und die flüssige Komponente aus Wasser. Die SCA erlaubt die automatische Herstellung komplexer, freigeformter Betonbauteile auf Basis des digitalen 3D-Modells der gewünschten Bauteilgeometrie. Die SCA zeigt damit ein großes Potential in Hinblick auf die Realisierung einer durchgängig digitalen Baufabrikation. Die in diesem Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse, zusammen mit den entwickelten Materialien, Prozessen und Geräten, liefern einen wichtigen Beitrag, um die additive Fertigung durch SCA von der Grundlagenforschung in die prototypische Industrieanwendung zu heben. Mithilfe eines im Projekt entwickelten Versuchsdruckers konnten umfangreiche Materialversuche durchgeführt werden, um die Material-Verfahrenskombination zu erforschen. Dabei kamen Portlandzement als Bindemittel und Quarzsand bzw. Blähglasgranulat als Gesteinskörnung zum Einsatz. Versuche zum Wasser/Zement-Wert zeigten, dass, im Gegensatz zu konventionell hergestelltem Beton, die Festigkeit des Materials mit steigendem Wassergehalt zunimmt. Allerdings beeinflussen höhere Wassergehalte die Formtreue negativ. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass durch die Zugabe von Methylcellulose die Formtreue der hergestellten Objekte signifikant verbessert werden kann. Neben diversen Prüfkörpern für unterschiedliche Prüfungen wurden im Projekt auch zahlreiche frei geformte Demonstrationsobjekte gefertigt. Versuche mit Blähglasgranulat zeigten schließlich, dass es mit der SCA auch möglich ist, gut wärmedämmende Leichtbetonbauteile z.B. für Anwendungen in der Gebäudehülle herzustellen. Projektbegleitend wurde vom Anwendungspartner Progress Maschinen & Automation AG ein Großgerät mit einem Bauraum von 10 m³ entwickelt, und damit das Verfahren in den großen Maßstab übertragen. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse wurde innerhalb der bestehenden Unternehmensstruktur eine eigene Abteilung für die additive Fertigung im Bauwesen etabliert. Unter dem Namen "Progress 3D Innovation" werden SCA-Dienstleistungen und Geräte angeboten. Ein erstes Großgerät sowie ein Versuchsgerät wurden bereits an zwei Standorte in Deutschland ausgeliefert. Die Forschungsarbeiten an der SCA werden an der Technischen Universität Braunschweig im Rahmen des Teilprojektes A01 im DFG SFB/Transregio TRR 277 „Additive Manufacturing in Construction - The Challege of the Large Scale“ weitergeführt. Schwerpunkte des Projektes sind die noch offenen Fragestellungen zur Material-Verfahrensinteraktion auf Makro- und Mikroebene, sowie die Integration von Bewehrung.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2019). Selective Cement Activation (SCA) – new possibilities for additive manufacturing in construction. In Proceedings of the IASS Annual Symposium 2019, Barcelona, Spain
Talke, D., Henke, K., & Weger, D
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(2020). Lightweight Concrete 3D Printing by Selective Cement Activation – Investigation of Thermal Conductivity, Strength and Water Distribution. In: Bos F., Lucas S., Wolfs R., Salet T. (Eds.): Second RILEM International Conference on Concrete and Digital Fabrication. DC 2020. RILEM Bookseries, vol 28. Springer, Cham
Weger D., Kim H., Talke D., Henke K., Kränkel T., & Gehlen C.
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(2020). Particle bed 3D printing by selective cement activation – Applications, material and process technology. Cement and Concrete Research, 134, 106077
Lowke, D., Talke, D., Dressler, I., Weger, D., Gehlen, C., Ostertag, C., & Rael, R.