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Die Entstehung urbaner Grenzräume in Europa

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 389797911
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Migrant*innen begegnen der Grenze nicht mehr ausschließlich an den Außengrenzen des Staatsgebiets und damit im Moment ihrer Einreise. Ihre Begegnung mit der Grenze findet lange vor und zunehmend lange nach dem Überschreiten der physischen Grenzlinie, wie sie auf der Landkarte eingezeichnet ist, statt. Das Projekt verfolgt daher die jüngste Verlagerung des europäischen Grenzregimes von der Grenzlinie hin zu diversen Orten und Akteuren innerhalb des Staatsterritoriums und erforscht die bislang vernachlässigte Verschiebung der Grenze in die Stadt und den urbanen Raum. Während sich Studien zu Migration und Grenzkontrolle in erster Linie auf die nationale und zunehmend auch auf die europäische Ebene konzentrierten, umfassen die aktuellen Verschiebungen die verstärkte polizeiliche Überwachung von Straßen und städtischen Räumen, die Einbeziehung verschiedener lokaler staatlicher und nichtstaatlicher Akteure in die Operationen des territorialen Aufenthalts, der Einreise und der Abschiebung sowie die Praktiken der administrativen und wohlfahrtsstaatlichen Grenzziehung durch städtische Akteure, die Status, Rechte und Ansprüche von Migrant*innen implementieren und produzieren. Somit ist eine Vielzahl von städtischen Akteuren an der Produktion der Grenze beteiligt. Dies hat die Grenze in das Alltagsleben von Migrant*innen, aber auch von nicht-migrantischen "Anderen" gebracht. Das Projekt betrachtet den Urbanen Grenzraum als die umkämpfte Situation, in der mehrere soziale Gruppen und Akteure die unterschiedlichen Ein- und Ausschlüsse in der Stadt verhandeln. Es untersucht die Grenze als einen entscheidenden Mechanismus sozialer Ordnung (ordering) und sozialer Abgrenzung (othering), der die Differenzierung zwischen Insidern und Outsidern, zwischen formalen (Staats)Bürger*innen und Ausländer*innen, sowie entlang von weiteren sozio-symbolischen Kategorisierungen, wie Rassifizierung und Ethnisierung, Klasse, Geschlecht oder Gesundheit, repräsentiert, implementiert und produziert. Empirisch erforscht und vergleicht das Projekt wie verschiedene staatliche und nichtstaatliche Akteure in unterschiedlichen Städten die Grenze verhandeln und sich an der Herstellung der Grenze, der Begrenzung (re/bodering), und ihrer Infragestellung, der Entgrenzung (debordering), beteiligen. Anstatt die Stadt als klar abgegrenzten Raum zu verstehen, schlägt das Projekt vor, die Grenze durch die Stadt „hindurch“ zu untersuchen, d.h. innerhalb eines multiskalaren und relationalen Rahmens, so dass die Stadt zum Ausgangspunkt der Analyse wird. Auf diese Weise leistet das Projekt einen Beitrag zum empirischen und theoretischen Verständnis des Verhältnisses von Grenze und Stadt und damit der sich verändernden räumlichen Organisation des europäischen Grenzregimes. Die Grenze ist dabei nicht lediglich als externe, territoriale Filterung und Selektion zu sehen. Das Projekt rückt die Funktion der internen Grenze als sozio-symbolische Differenzierung und Fragmentierung durch die miteinander verknüpften und differentiellen Dynamiken von territorialer, rechtlicher und sozialer Inklusion und Exklusion, von (städtischer) Bürgerschaft und Kontrolle in den Vordergrund.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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