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Biomineralien im Chitonzahn: Von Biosynthese zu bioinspiriertem Design von hochfesten Materialien

Antragsteller Dr. Linus Stegbauer
Fachliche Zuordnung Biologische und Biomimetische Chemie
Biomaterialien
Förderung Förderung von 2017 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 390531587
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Teil des ursprünglichen Projektplans wurde in den Jahren 2018/2019 von einer konkurrierenden Gruppe um Professor Kisailus publiziert: Die Analyse des Proteoms/Transkriptoms von Cryptochiton stelleri. Deshalb wurde Priorität auf die Charakterisierung der Chitonen-Radula mittels Synchrotronmethoden gelegt. Die Zahnhöcker der lateralen Hauptzähne von Chitonen sind das härteste und abriebresistenteste biomineralisierte Gewebe, was bisher gefunden wurde. Diese Zähne sind Teil eines mechanischen Systems das jedoch komplexer ist. Wir konzentrieren uns hier auf den Stylus, der Teil des Zahnes, der den harten Höcker mit der flexiblen Radula-Membran verbindet. Durch Kombination von Synchrotron-Mößbauer-Spektroskopie und Röntgenabsorptionsspektroskopie wurde herausgefunden, dass der Stylus in der Tat ein mineralisiertes Gewebe ist. Bemerkenswerterweise ist das anwesende Mineral Santabarbarait, ein amorphes Eisenhydroxyphosphat, was zuvor noch nicht als biogenes Mineral bekannt war. Dieses Mineral liegt in Nanopartikeln vor, dispergiert in einer organischen Matrix aus partielldeacetylierten Chitin und Protein. Wir haben weiterhin herausgefunden, dass der Stylus durch variablen Mineralgehalt ein Gradienten-Material ist, welches seine mechanischen Eigenschaften innerhalb einer Größenordnung variieren kann. Somit kann der Stylus die Lücke zwischen der weichen und zähen Radula und den harten, abriebfesten Zahnhöckern mechanisch überbrücken. Abschließend haben wir aus diesen Einsichten ein bioinspiriertes Funktionsmaterial für die additive Fertigung geschaffen, das in seinen mechanischen Eigenschaften über einen ähnlich großen Umfang variiert werden kann. Dieses basiert auf amorphen Eisenphosphat und Chitosan und wird gerade in meiner eigenen, durch ein Liebig-Stipendium finanzierten Gruppe am Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie (IGVP) der Universität Stuttgart weiterentwickelt. Im unteren Stylus hingegen wurde eine andere Eisenspezies gefunden. Vorläufige SMS- und XAS-Daten lassen vermuten, dass ein molekularer Eisen(III)-Komplex eine chemische Bindung zu einem Polysaccharid-gebundenen Sulfat eingeht. Weiterhin scheint diese Bindung die Abscheidung eines kondensierten Minerals, wie z.b. Santabarabarait im oberen Stylus, zu verhindern. Ebenso wurde in Zusammenarbeit mit der Doktorandin Karen DeRocher an der Charakterisierung von menschlichem Enamelkristalliten gearbeitet. Im Detail wurden Calciumphosphat-Modellverbindung mit unterschiedlichem Magnesiumgehalt synthetisiert und strukturell charakterisiert um besser die Rolle des Magnesiums in den Enamelkristallen verstehen zu können. Somit konnte ein neuer Aspekt der Enamelkristalle ausgearbeitet werden, der diese als Kern-Schale Nanokristalle begreift. Währen der Kern dabei die erhöhten Konzentrationen an Spurenelementen und Ionen darunter auch Magnesium aufweißt, besteht die Schale aus reinem Hydroxapatit. Dieser Aspekt hat Auswirkungen auf die Eigenspannung innerhalb des Enamkristalls und damit auch auf die mechanischen Eigenschaften.

 
 

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