Bildungsverläufe von Kindern aus Risikogruppen für schlechte Schulleistung: Eine psychometrisch reflektierte Untersuchung von Bildungsvariablen und Resilienzfaktoren mit Längsschnittdaten aus dem nationalen Bildungspanel
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Kinder, die Risikogruppen angehören aber resilient sind, zeigen normale Entwicklungsverläufe in vielen Bereichen, u.A. Bildung und kognitive Entwicklung; dabei fallen jene mit wenig ausgeprägter Resilienz gegenüber Altersgenossen ab. Resilienz kann z.B. durch ein starkes schulfachspezifisches Selbstkonzept und großes übergeordnetes Selbstvertrauen begünstigt werden. Zwar haben verschiedene Längsschnittstudien die Entwicklung von Kindern aus Risikogruppen in einem Resilienz-Framework verfolgt, aber qualitativ hochwertige Studien unter Einschluss deutscher Kinder fehlten bislang. Das Nationale Bildungspanel (National Education Panel Study; NEPS) liefert einzigartige Daten zu Resilienz und Bildungs-Outcomes. Daneben erfasst das NEPS Lehrtechniken wie individualisiertes Aufgabenmaterial, Gruppenarbeit und Diskussionen aber auch Klassengrößen, also weitere potentiell protektive Faktoren. Das NEPS ist ein längsschnittliches Large-Scale-Assesment und stellt u.A. für Deutschland repräsentative Daten von Kindern mit und ohne Risikofaktoren bereit. Diese Datengrundlage erlaubte eine Identifikation von Kindern aus drei Risikogruppen, deren Kompetenzentwicklungsverläufe mit Kontrollgruppen verglichen werden konnten: Kinder (i) aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES; u.A. operationalisiert durch niedrige formale Bildung der Eltern), (ii) Kinder mit Migrationshintergrund (u.A. mit Hilfe der Erstsprache definiert) und (iii) Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF, u.A. anhand von Elternberichten ermittelt). Unter Berücksichtigung von komplexen Datenausfallmustern wurden Kompetenzen in Mathematik, Naturwissenschaften, Orthografie, Lesen und Meta-Kognition mit Hilfe von Regressionsmodellen und Pfadanalysemodellen untersucht. Auf Ebene von Klassenräumen fanden sich fachspezifische Interaktionen der Sozialform des Unterrichts mit Riskofaktoren. So profitierte die Entwicklung der Mathematikkompetenz bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache von Gruppenarbeit. Auf individueller Ebene wurden theoretische Resilizenzmodelle bestätigt und Mediationen des akademischen und globalen Selbstkonzepts quantifiziert. Daneben motivierten die Daten auch Fortschritte in der Testtheorie: Strategien für die Analyse von Kompetenztest-Items wurden anhand der umfangreichen verfeinert. Es wurde eine neue Methode für die Quantifizierung von Differential Item Functioning (DIF) genutzt und daraus Bias-Korrekturfaktoren für Regressionsmodelle abgeleitet. Die Methode wurde auf den Fall des zweiparametrigen logistischen Modells erweitert. Aufgrund von demografischen und anderen Unterschieden zwischen Risiko- und Kontrollpopulationen, muss sichergestellt werden, dass Kompetenztestitems in beiden Gruppen ähnlich funktionieren (d.h. dass Messinvarianz vorlag). Es zeigte sich in der schwerpunktäßig untersuchten Startkohorte 3 des NEPS für viele weitere Analysen von Messinvarianz ausgegangen werden kann, also auch für Risikogruppen, die nicht Teil der Qualitätssicherung des NEPS bei Erhebung waren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2020). Individualized Assignments, Group Work and Discussions: How They Interact With Class Size, Low Socioeconomic Status, and Second Language Learners. Frontiers in Education, 5(65), 13p.
DeVries, J. M., Szardenings, C., Doebler, P. & Gebhardt, M.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3389/feduc.2020.00065) - (2021). Subject-Specific Self-Concept and Global Self-Esteem Mediate Risk Factors for Lower Competency in Mathematics and Reading. Social Sciences, 10(1), 11p.
DeVries, J. M., Szardenings, C., Doebler, P. & Gebhardt, M.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3390/socsci10010011)