Detailseite
Projekt Druckansicht

Kulturwandel = Bevölkerungswechsel? Die Jungsteinzeit des Mittelelbe-Saale-Gebietes im Spiegel populationsdynamischer Prozesse

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2007 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 39072354
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Um den populationsgenetischen Hintergründen des Kulturwandels während des Neolithikums nachzugehen, wurden fast 450 Individuen verteilt auf 25 Fundplatze genetisch analysiert, die zeitlich etwa 4000 Jahre - von den ersten Bauern der Linienbandkeramikkultur bis in die Frühbronzezeit - abdecken. Bei über 80 % der genetisch typisierten Individuen ließ sich das mitochondriale DNA-Profil typisieren. Dieser hohe Erhaltungsgrad ist u. a. auf das niederschlagsarme Klima und die Bodenbedingungen der Lössböden Im südlichen Sachsen-Anhalt zurückzuführen. Um 5500 v. Chr., also zu Beginn der sesshaften Lebensweise im Mittelelbe-Saale-Gebiet, fallen im Genpool deutliche Veränderungen auf. Dominierten bei den mesolithisch lebenden, alteingesessenen Jägern und Sammlern die genetischen Haplogruppen U4 und U5, so herrschen nun bei den Linienbandkeramikern die Haplogruppen N1a, T2, K; J; HV, V, W, X. Diese Haplogruppen werden gerne auch als genetisches neolithisches Paket bezeichnet, das, ausgehend vom vorderasiatischen Raum, durch frühe Bauern nach Zentraleuropa eingeführt wurde und in den folgenden 2500 Jahren die ackerbäuerlichen Gemeinschaften bis in die Mitte des vierten vorchristlichen Jahrtausends prägte. Möglicherweise verursachte eine Klimaverschlechterung die Bewegung der zunächst aus der Altmark bekannten semibäuerlichen Kulturen in die fruchtbaren Lössgebiete des Südens, die sich eben 2500 Jahre zuvor die ersten Ackerbauern zu Eigen gemacht hatten. Denn die Verzahnung der nun von Norden aus dem Trichterbecherkreis ins Mittelelbe- Saale-Gebiet drängenden Gruppen zeigen eine enge Verzahnung mit der mesolithischen Altbevölkerung – die Ergebnisse der molekulargenetlschen Untersuchungen zeigen einen signifikanten Anstieg der genetischen Linie U5 an. Gleichzeitig ist ein Rückgang jener für das frühe Neolithikum typischen genetischen Marker des neolithischen Paketes zu erkennen. Die Träger der Bernburger Kultur nahmen zwar den Lebensraum der Salzmünder Gemeinschaften ein, entwickelten sich aber nicht aus diesem heraus. Dieser Aspekt war von Archäologen immer wieder, anlehnend an typologische Überlegungen, Immer wieder in die Diskussion eingebracht, jedoch jahrelang kontrovers diskutiert worden. Erst die transdisziplinare Forschung im Zuge des vorliegenden Projektes konnte - wie auch in vielen anderen Detailbereichen Klarheit verschaffen. Die hervorragenden Ausgangsbedingungen im Mittelelbe- Saale-Gebiet ließen bereits vor Projektstart erwarten, dass der interdisziplinäre Ansatz des Projekts die erwarteten Ergebnisse generieren würde. Schon die bemerkenswerten Zwischenergebnisse (siehe Zwischenbericht) und erst recht der Abschlussbericht weisen das Mittelelbe-Saale-Gebiet als Schlüsselregion für zukünftige Forschungen aus und zeigen dass die Ziele des Projektes nicht nur erreicht, sondern partiell weit übertroffen wurden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung