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Medienkontrolle als Quelle politischer Macht. Die Rolle von Oligarchen in electoral authoritarian regimes

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391270526
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In autoritären Regimen ist die Manipulation der Medienberichterstattung von zentraler Bedeutung. Zunehmende autoritäre Tendenzen beginnen meist mit Druck auf unabhängige Medien und deren Eigentümer, die in vielen Fällen einflussreiche Geschäftsleute sind. Oft nutzen solche Oligarchen (wie sie im postsowjetischen Raum allgemein genannt werden) ihre Kontrolle über Massenmedien, um in Verhandlungen mit politischen Eliten positive Berichterstattung gegen eine Vorzugsbehandlung für ihre Geschäftsinteressen eintauschen zu können. In diesem Zusammenhang wird regelmäßig davon ausgegangen, dass Eigentum direkte Kontrolle über die Medienberichterstattung gibt. Das Forschungsprojekt hat diese Annahme für drei Länder (Kasachstan, Russland, Ukraine) getestet, indem Medien und Journalisten als eigenständige Akteure und nicht als Sprachrohre der Eigentümer untersucht wurden. Die zentralen Forschungsfragen waren, unter welchen Bedingungen Journalisten öffentlich gegen Druck von außen protestieren und was das für Medieninhalte und politische Regimedynamiken bedeutet. Dazu nahm das Projektteam eine umfangreiche Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung vor, führte Interviews mit Journalisten prominenter nationaler Medien, stellte Datenbanken zu Protestereignissen zusammen, erfasste das Protestrepertoire von Journalisten und erstellte Fallstudien zu umstrittenen Eigentümerwechseln von Medienunternehmen. Im Rahmen des Datenschutzes und des Urheberrechts wurden die Datensammlungen auf dem Online-Repositorium Discuss Data veröffentlicht. Eine kleine Fallstudie zu Russland wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung in ihr Online-Angebot übernommen. Die Projektergebnisse zeigen, dass der aktuelle Trend der wissenschaftlichen Forschung, sich auf die Analyse von Legitimationsstrategien der herrschenden politischen Eliten zu konzentrieren, für stärker autoritäre Länder wie Kasachstan oder das heutige Russland angemessen ist. So zeigt die qualitative Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung über Proteste in Kasachstan, dass es eine klare Strategie gibt, kleinere Proteste zu ignorieren und größere Proteste als illegale Krawalle zu diskreditieren, ohne Protestorganisatoren oder Teilnehmende zu zitieren. Diese Berichterstattung gibt der politischen Führung die Chance, sich moderat und nachsichtig zu präsentieren, ohne politische Zugeständnisse machen zu müssen. Auch unabhängige Medien und Online-Medien stellen dieses Framing nicht in Frage. Bei autoritären Regimen mit stärkerem politischem Wettbewerb, wie der Ukraine vor den Euromaidan-Protesten 2013/14, können Journalisten jedoch eine wichtige Rolle in der politischen Entwicklung spielen. Ihr Hauptbeitrag liegt in der alternativen Berichterstattung über Ereignisse, wobei einige Journalisten auch einflussreiche Mitglieder einer politischen Gegenelite werden können. Um die Rolle von Journalisten besser zu verstehen, müssen die Wahrnehmungen und das Umfeld von Journalisten genauer untersucht werden. Die Studien zum ukrainischen Fall bilden daher den wichtigsten Beitrag des Projekts zur aktuellen Forschung zu autoritären Regimen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2019): Berichterstattung über öffentliche Proteste in Kasachstan. Medienkontrolle als Quelle politischer Macht, in: Zentralasien-Analysen 138, 2-11
    Pleines, Heiko
    (Siehe online unter https://doi.org/10.31205/ZA.138.01)
  • (2019): The Political Role of Business Magnates in Competitive Authoritarian Regimes, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 60:2, 299-334
    Pleines, Heiko
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/jbwg-2019-3001)
  • (2020): Media Control as Source of Political Power: Differentiating Reach and Impact, in: Russian Analytical Digest 258, 2-7
    Pleines, Heiko
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3929/ethz-b-000450633)
  • (2020): Shrinking Niches for Independent Journalism: the Case of Vedomosti, in: Russian Analytical Digest 258, 8-11
    Somfalvy, Esther
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3929/ethz-b-000450633)
  • (2021): Debates about export pipelines from the post-Soviet region: Opinion leaders and advocacy coalitions, in: Extractive Industries and Society
    Heinrich, Andreas / Pleines, Heiko
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.exis.2021.100994)
  • (2021): Schrumpfende Freiräume für Russlands Medien, in: Russland-Analysen 403, 25-27
    Somfalvy, Esther
  • (2021): The agency of journalists in competitive authoritarian regimes: A case study of Ukraine during the Yanukovich presidency, in: Media and Communication 9:4, 82-92
    Somfalvy, Esther / Pleines, Heiko
    (Siehe online unter https://doi.org/10.17645/mac.v9i4.4227)
  • (2021): Understanding Media Control in the Digital Age, in: Media and Communication 9:4, 1-4
    Dovbysh, Olga / Somfalvy, Esther
    (Siehe online unter https://doi.org/10.17645/mac.v9i4.4861)
 
 

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