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Navigation von Spermien-Zellen in skalarer Turbulenz: Theorie der Chemotaxis von Spermienzellen in turbulenten Strömungen, sowie deren Anpassung an zeitlich veränderliche Konzentrations- und Geschwindigkeitsgradienten

Fachliche Zuordnung Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 391963627
 
Chemotaxis - die Navigation von biologischen Zellen entlang von chemischen Gradienten - spielt eine wichtige Rolle für die Nahrungssuche von Bakterien, der Jagd von Immunzellen auf Infektionskeime oder der Befruchtung von Eizellen durch Spermien. Zellnavigation stellt ein einzigartiges Modellsystem dar für die Physik autonomer Motilität auf mikroskopischen Skalen und deren Kontrolle durch sensorische Signale. Bisherige Arbeiten konzentrierten sich überwiegend auf idealisierte Bedingungen von perfekten chemischen Gradienten. Jedoch sind natürliche Umgebungen durch Störungen gekennzeichnet, die extrazelluläre chemische Gradienten teilweise stark beeinträchtigen. Ein wichtiges Beispiel sind turbulente Strömungen des Ozeans, welche die Chemotaxis von Spermien in marinen Wirbellosen beeinflussen. Diese Tiere geben Spermien und Eizellen direkt in offenes Wasser ab, wo Samenzellen mithilfe helikaler Chemotaxis Konzentrationsgradienten von Signalisierungsmolekülen, freigesetzt durch die Eizelle, hinauf steuern. Turbulenz auf kleinen Längenskalen verwirbelt diese Konzentrationsgradienten und konvektiert schwimmende Spermienzellen.In diesem Projekt in Theoretischer Biologischer Physik soll eine Theorie der Spermien-Chemotaxis in turbulenten Strömungsverhältnissen entwickelt werden. Dazu solle eine bestehende Theorie der helikalen Chemotaxis mit hydrodynamischen Berechnungen turbulenter Konvektion kombiniert werden. Mit diesem Modellsystem schließen wir eine Lücke in unserem Wissen zwischen (i) turbulenter Vermischung von passiven Partikeln und (ii) der Chemotaxis von aktiv schwimmenden Zellen, die vormals in Abwesenheit von externen Strömungen untersucht wurde. Damit werden wir eine fundamentale und weitgehend unerforschte Frage angehen: Wie navigieren biologische Zellen in dynamischen und ungeordneten Umgebungen? Wir werden das Wechselspiel zwischen positiven und negativen Auswirkungen von Turbulenz quantitativ modellieren, z.B. schnellerer Ausbildung von Konzentrationsgradienten und der Verwirbelung dieser Gradienten. Ein Ziel ist es, die Existenz einer optimalen Turbulenzstärke, welche die Wahrscheinlichkeit von Spermien-Ei-Begegnungen maximiert, zu bestätigen und physikalisch zu erklären. Unsere vorläufigen Simulationen weisen außerdem darauf hin, dass Turbulenz ausgedehnte Filamente hoher Konzentration erzeugt, entlang derer Spermien zum Ei "reiten" können. Wir werden den Mechanismus des '"Filament-Reitens" in Bezug auf die chemotaktische Steuerung und Rotation durch lokale Scherströmungen untersuchen. Des Weiteren werden wir das Verharren von Spermien in lokalen Konzentrationsmaxima sowie stochastische Übergänge zwischen solchen Maxima in Abhängigkeit der räumlichen und zeitlichen Auflösung zellulärer Gradienten-Messung analysieren. Wir erwarten ein grundlegendes Verständnis zellulärer Navigation in dynamischen und ungeordneten Konzentrations-Feldern und deren Anpassung an die Statistik dieser Felder, ausgehend von einem wichtigen Modellsystem.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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