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Nutzung zeitvariabler Lastkollektive zur effizienten Charakterisierung und Entwicklung hybrider FKV/Metall-Tribosysteme

Fachliche Zuordnung Kunststofftechnik
Konstruktion, Maschinenelemente, Produktentwicklung
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392246821
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projekts wurde ein umfangreiches tribologisches Versuchsprogramm durchlaufen, das neben Modellversuchen in der Pin-on-Disk-Konfiguration auch anwendungsorientierte Untersuchungen auf Thrust-Washer- und Gleitlagerprüfständen umfasst. Dabei wurden verschiedene Lastfolgekonzepte vergleichend untersucht, darunter auch eine randomisierte Versuchsführung, die eine besonders umfassende und repräsentative Werkstoffcharakterisierung in kurzer Zeit ermöglicht. Die Ergebnisse der tribologischen Untersuchungen machen deutlich, dass die Leistungsfähigkeit kunststoffbasierter tribologischer Systeme nur in Ausnahmefällen durch die Reihenfolge der aufeinanderfolgenden Laststufen beeinflusst wird. Dies war einerseits beim Vorliegen besonders niedriger Lastkombinationen der Fall, da sich eine vorangegangene Laststufe mit höherem pv-Wert vorteilhaft auf die Kennwerte in der niedrigen Laststufe auswirken kann, wenn durch die höhere Laststufe morphologische Veränderungen in der Kontaktfläche ausgelöst werden. Zum anderen wurde festgestellt, dass sich bei der Prüfung von Werkstoffen auf Basis von PESU das Überschreiten eines kritischen pv-Wertes deutlich auf das tribologische Verhalten in nachfolgenden Laststufen auswirkt. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung ist eine tribochemische Sulfidierungsreaktion des Stahlgegenkörpers mit den Sulfonylgruppen des Matrixkunststoffs. Von diesen Sonderfällen abgesehen übt die Lastreihenfolge in allen betrachteten Prüfsystemen keinen wesentlichen Einfluss auf das tribologische Verhalten aus, was auch durch ergänzende Versuche mit weiteren Werkstoffen auf Basis von PEEK, PA und PBT bestätigt werden konnte. Die Modellierung des tribologischen Verhaltens mithilfe künstlicher neuronaler Netze hat sich als geeignete Methode erwiesen, um tribologische Kennwerte unter Lastbedingungen vorherzusagen, die zuvor nicht experimentell untersucht wurden. Die Abschätzung des Reibungskoeffizienten erwies sich dabei als zuverlässiger als die der Verschleißrate. Für das Training der Netze ist jedoch zunächst ein umfangreicher Satz an experimentellen Daten erforderlich. Als wesentlicher Einflussfaktor auf das tribologische Systemverhalten stellte sich die Temperaturverteilung heraus. Diese kann sich in verschiedenen Prüfkonfigurationen aufgrund der geometrischen Unterschiede auch bei ansonsten gleicher Belastung deutlich unterscheiden. Die ertragbaren pv-Werte sind daher in den anwendungsorientierten Prüfkonfigurationen Thrust-Washer und Gleitlager aufgrund der höheren Kontakttemperaturen geringer. Gleichzeitig liegt bei identischem pv-Wert oftmals ein niedrigerer Reibungskoeffizient vor, jedoch typischerweise bei zugleich erhöhtem Verschleiß. Beim Anfahren von tribologischen Lasten, die zum Erreichen einer Gleitflächentemperatur im Bereich der Glasübergangstemperatur des Matrixwerkstoffs führen, wurde bei einem der untersuchten Werkstoffe (PA-2) im Pin-on-Disk-Versuch ein sehr instabiles tribologisches Verhalten beobachtet. Unter höheren Belastungen zeigte der Werkstoff jedoch reproduzierbar gute tribologische Kennwerte, sodass ein Erreichen der Glasübergangstemperatur in der tribologischen Kontaktfläche keinesfalls als Begrenzung der Einsatzfähigkeit anzusehen ist. Durch geschickte Kopplung von temperaturgeregelten Modellversuchen und systematischen virtuellen Experimenten konnte eine Übertragung von Kennwerten aus dem Modellversuch in die Thrust-Washer-Konfiguration erreicht werden. Diese Methodik könnte die Datendurchgängigkeit über tribologische Prüfkategorien hinweg deutlich verbessern. Insgesamt ist festzustellen, dass der Einfluss der tribologischen Vorgeschichte in den betrachteten Versuchskonstellationen meist gegenüber dem Einfluss des Wärmehaushaltes in den Hintergrund tritt. Der Anwender benötigt daher primär ein fundiertes Verständnis für die thermische Charakteristik der verwendeten Prüfstände und Werkstoffe. Ergänzende Kenntnisse über Parameterbereiche, in denen die tribologische Vorgeschichte einen signifikanten Einfluss ausübt, sind dennoch erforderlich, um diese Ausnahmefälle konstruktiv berücksichtigen zu können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Moderne Prüfstrategien für die Bewertung kunststoffbasierter tribologischer Systeme. Jahresmagazin Ingenieurwissenschaften/Kunststofftechnik, 10/2018, S. 114-117
    Schlarb, A.K.
  • A modern approach for studying tribological properties of plastic/metal sliding pairs. AMI Polymer Testing, Düsseldorf, 18. September 2019
    Schlarb, A.K.; Kamerling, S.; Le, M.H.; Hua, C.; Lin, L.Y.
  • Effects of the Velocity Sequences on the Friction and Wear Performance of PEEK-Based Materials. Tribology Letters 69(2021)
    Lin, L.; Zhao, Y.; Hua, C.; Schlarb, A.K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11249-021-01452-8)
  • Eine intelligente Methode zur Bestimmung tribologischer Kennwerte kunststoffbasierter Tribomaterialien in einem breiten Lastbereich. Tribologie-Fachtagung, online, 27.-29. September 2021
    Schlarb, A.K.; Hua, C.; Zhao, Y.; Kamerling, S.; Lin, L.; Le, M.-H.
 
 

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