Interner Krieg. Gesellschaft, soziale Ordnung und politischer Konflikt im Altertum
Griechische und Lateinische Philologie
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Innergesellschaftliche Konflikteskalation unterscheidet sich grundlegend von gewaltsamen Auseinandersetzungen mit äußeren Gegnern, auch wenn enge Verbindungen zwischen inneren und äußeren Konflikten bestehen: Der interne Krieg geht einher mit der Desintegration der betroffenen Identitätsgemeinschaft, was dramatische soziale und politische Verwerfungen bedingt. In jüngerer Zeit zeigt die Forschung ein zunehmendes Interesse an entsprechenden Prozessen des innergesellschaftlichen Ordnungsverlustes und der Reintegration. Die historische Auseinandersetzung mit diversen Formen der sozialen und kulturellen Desintegration bis hin zum offenen Bürgerkrieg geht dabei immer stärker über die bloße Rekonstruktion der Ereignisse hinaus und bezieht Aspekte der Ideengeschichte und Rezeption mit ein. Das Ziel des Netzwerks bestand darin, durch die Analyse der Entwicklungslogiken von politischer und gesellschaftlicher Desintegration und Reintegration die soziokulturellen Axiome zu verstehen, die den Zerfall und die Neuformierung gesellschaftlicher Ordnung in der Antike beeinflusst haben. Den Bürgerkrieg als Untersuchungsobjekt konnten wir so als heuristisch wertvollen Bezugspunkt nutzen, um den Zusammenhalt antiker Gesellschaften und ihre Konfliktpotenziale besser zu verstehen. In methodischer Hinsicht war dabei entscheidend, die Konflikte nicht isoliert und nicht lediglich aus der ereignisgeschichtlichen Warte zu rekonstruieren, sondern die zugrundeliegenden Entwicklungsdynamiken nachzuzeichnen und sie epochen- wie kulturübergreifend zu vergleichen, um ein Sensorium für die Gemeinsamkeiten und die Spezifika der antiken Gemeinwesen, ihrer Desintegrationspotenziale, ihrer Resilienzen und ihrer Reintegrationspotenziale entwickeln zu können. Im Zuge dieser Analysen hat sich der ursprüngliche Versuch des Netzwerks, den in vielerlei Hinsicht problematischen Begriff des “Bürgerkriegs” durch das Konzept des “Internen Krieges” abzulösen, nicht als durchgängig gangbar erwiesen. Anstelle einer engen Definition sind wir dazu übergegangen, die phänomenologische Breite der Konflikttypen mit einem entsprechend weiten Feld terminologischer Operatoren zu bearbeiten und dabei bewusst auch Dynamiken innergesellschaftliche Konflikteskalation in den Blick zu nehmen, die sich letztlich nicht in einem offenen Bürgerkrieg entladen haben – hier hat das Netzwerk aus einer genauen Beobachtung der Vorgänge rund um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 wichtige Impulse zur Untersuchung der antebellum-Phase erhalten, also der dem offenen Gewaltkonflikt vorausgehenden Phase verschärfter innergesellschaftlicher Dissens- und Faktionsbildung. Insgesamt hat das Netzwerk über viereinhalb Jahre hinweg in einem internationalen Team an Altertumswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern die skizzierten Fragen und Zielsetzungen im Feld der Alten Geschichte bearbeitet – von der Archaik über den Hellenismus, die römische Republik und die Kaiserzeit bis in die Spätantike hinein.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Antoninus Pius und die Rollenbilder des römischen Princeps: Herrscherliches Handeln und seine Repräsentation in der Hohen Kaiserzeit. Berlin
Michels, C.
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Die römischen Bürgerkriege: Archäologie und Geschichte einer Krisenzeit. Mainz
Maschek, D.
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Good Fortune and the Public Good: Disputing Sulla's Claim to be Felix. In C. Steel, H. van der Blom, & C. Gray (Eds.), Institutions and Ideology in Republican Rome: Speech, Audience and Decision (pp. 267-282). Cambridge
Eckert, A.
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Stasis in Post-Classical Greece: The Discourse of Civil Strife in the Hellenistic World. In H. Börm & N. Luraghi (Eds.), The Polis in the Hellenistic World (pp. 53-83). Stuttgart
Börm, H.
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Augustus and the Destruction of History: The Politics of the Past in Early Imperial Rome. (Cambridge Classical Journal Supplements, Vol. 41). Cambridge
Gildenhard, I., Gotter, U., Havener, W., & Hodgson, L. (Eds.)
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Barbaren als Tyrannen. Das Perserbild in der klassizistischen griechischen Historiographie. In R. Rollinger, K. Ruffing & L. Thomas (Eds.), Das Weltreich der Perser - Rezeption, Aneignung und Verargumentierung von der Antike bis in die Gegenwart (pp. 15-34). Wiesbaden
Börm, H.
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Fragwürdige Ansprüche. Gewaltsamer Herrschaftsübergang im spätantiken Iran am Beispiel von Narseh und Bahram Čobin. In T. Trausch (Ed.), Norm und Praxis des Herrschaftsübergangs in der Vormoderne (pp. 187-224). Göttingen
Börm, H.
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Mordende Mitbürger. Stasis und Bürgerkrieg in griechischen Poleis des Hellenismus. Stuttgart
Börm, H.
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Schreiben nach dem Morden, oder: wie Bürgerkriegsgeneräle der späten römischen Republik Glaubwürdigkeit generierten. In I. Mülder-Bach, J. Kersten, & M. Zimmermann (Eds.), Prosa schreiben: Literatur – Geschichte – Recht (pp. 15-38). Paderborn
Gotter, U.
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Xenophon on the violence of the Thirty. In A. Kapellos (Ed.), Xenophon on Violence (pp. 169-185). Berlin
Wolpert, A.
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A Framework of Negotiation and Reconciliation in the Triumviral period. In F. Pina Polo (Ed.), The triumviral period: Civil war, political crisis and soioeconomic transformations (pp. 149-170). Zaragoza
Cornwell, H.
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Coping with Crisis. Sulla's Civil War and Roman Cultural Identity. In I. Kuin & J. Klooster (Eds.), After the Crisis. Remembering, Re-anchoring and Recovery in Ancient Greece and Rome (pp. 85-101). London
Eckert, A.
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Herakleios, der schwitzende Kaiser: Die oströmische Monarchie in der ausgehenden Spätantike. Berlin
Viermann, N.
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Konkurrenz und Institutionalisierung in der griechischen Archaik. Stuttgart
Meister, J., & Seelentag, G. (Eds.)
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The Academy in Athenian politics and society – between disintegration and integration: the first eighty years (387/6–306/5). In P. Kalligas, C. Balla, E. Baziotopoulou-Valavani, & V. Karasmanis (Eds.), Plato's Academy: Its Workings and its History (pp. 65-88). Cambridge
Haake, M.
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Young Caesar and the termination of civil war (31-27 BCE). In J. Klooster & I. Kuin (Eds.), After the Crisis: Remembrance, Re-anchoring and Recovery in Ancient Greece and Rome (pp. 135-149, 222-224). London
Lange, C. H.
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«Adel» und gesellschaftliche Differenzierung im archaischen und frühklassischen Griechenland (Historia Einzelschriften 263). Stuttgart
Meister, J.
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Ein ,Zeitalter der Konfessionalisierung?‘ ,konfession‘ und Karrieremöglichkeiten der oströmischen Senatoren. Accidente/Oriente : Rivista internazionale di studi tardoantichi, 2, 167–184
Begass, C.
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Gespaltene Städte. Die Parteinahme für makedonische Könige in griechischen Poleis. In S. Pfeiffer & G. Weber (Eds.), Gespaltene Gesellschaften im Hellenismus (pp. 21-55). Stuttgart
Börm, H.
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The invention of civil war writing: The (curious?) case of Caesar. In R. Raja & T. Arlund Hass (Eds.), Caesar’s Past and Posterity’s Caesar (pp. 67-78). London
Lange, C. H.
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Augustus as commanders in chief: Approaching strategy and leadership in (civil) war. Scripta Classica Israelica, 41, 31-56
Lange, C. H.
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Ein Bollwerk für Tyrannen? Lachares, Charias und die Athener Akropolis im frühen Hellenismus. In U. Gotter & E. Sioumpara (Eds.), Identität aus Stein. Die Athener Akropolis und ihre Stadt (pp. 7-16). Stuttgart
Börm, H.