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Einsichten in die Traditionsbildungsprozesse bei den bKa' brgyud pas, basierend auf einem Manuskript von 'Jig rten gsum mgons dGongs gcig, mitte bis spätes dreizehntes Jahrhundert
Antragstellerin
Professorin Dr. Carmen Meinert, seit 4/2022
Fachliche Zuordnung
Asienbezogene Wissenschaften
Förderung
Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 394349257
Während der zweiten Welle der Überlieferung des indischen Buddhismus in die tibetische kulturelle Sphäre, die im 11ten Jh. begann, formten und konsolidierten sich neue Schulrichtungen. Obwohl Davidson in seinem Monograph von 2005 diese Dynamik mit der einprägsamen Phrase Tibetan Renaissance bezeichnete, fehlt es uns immer noch an tieferen Einsichten in die Dynamiken der Traditionsbildung dieser Periode. Dieses Projekt untersucht diesen Prozess bei den Kagyüpas und fragt nach den Quellen, die den Protagonisten als Grundlage dienten, wie sie sich von konkurrierenden Gruppen absetzten, und welches Selbst-Konzept sie als Ganzes und in den Sub-Traditionen entwickelten.Ein Text, die Eine Intention (dGongs gcig), der zum ersten Mal 1226 gelehrt wurde und uns durch einen Kommentar von 1267 zugänglich ist, stellt sich als eine exzellente historische und philologische Primärquelle heraus, insbesondere, durch den Sensationsfund einer frühen Handschrift des Kommentars, die auf spätestens 1290 datiert ist. Die philologische Analyse und inhaltliche Untersuchung seines Inhalts bilden die beiden Säulen dieses Projektes. Der Text hat in seinem Kern ca. 190 Thesen des Jigten Sumgön (1143-1217), mit denen er den Versuch einer Evaluation der gesamten Überlieferung des indischen Buddhismus unternimmt. Er identifiziert, was Jigten Sumgön als fehlerhafte Überlieferung betrachtet und liefert, basierend auf der einen Intention aller Buddhas, Korrekturen. Als solches bietet er einen tiefen Einblick in die kontroversen Debatten zwischen Kagyüpas und anderen Traditionen, und ebenso innerhalb der Kagyüpas selbst. Wir werden dadurch in die Lage versetzt, eine Traditionsbildung in ihrem Prozess zu beobachten, zu einem Zeitpunkt, an dem die Kagyüpas sich selbst primär als yogische Tradition betrachteten -- eine Beschreibung, die ich z.B. Jacksons (1994) Beschreibung als anti-intellektuell vorziehe.Mit Hilfe von Stefan Hagels Programm Classical Text Editor soll das Pariser Manuskript digital ediert und Linguisten und Philologen zugänglich gemacht werden. Dabei wird es auch mit dem Blockdruck von 1533-1537 verglichen, um Schlüsse über die Entwicklung eines Selbst-Konzeptes der Kagyüpas und den Prozess einer Traditionsbildung zu ziehen, in dem die Wandlungen des Textes in diesen 250 Jahren nachvollzogen werden.Während der zweiten Phase des Projektes möchte ich vorwiegend den Text der Einen Intention und seines Kommentares für sich selbst sprechen lassen. Seine prägnanten thesenhaften Formulierungen, die große Breite, die fast das gesamte Spektrum der Überlieferung des indischen Buddhismus abdeckt, und die klar erkennbare, offene Agenda, eine einzige, allumfassende Intention des Buddhas in allen Aspekten der Lehre herauszudestillieren, machen ihn zu einer erstrangigen Quelle meiner Forschung. Ich habe drei Themen aus den Vinaya-, Bodhisattva- und Mantra-Abschnitten des Textes ausgesucht, um aufzuzeigen, wie der Text dem Prozess dient, der die Kagyüpas geformt hat.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller
Dr. Jan-Ulrich Sobisch, bis 3/2022