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Mobiles Wissen: Die Glokalisierung von medizinischem professionellem Wissen und professioneller Praxis

Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Tao Liu; Professorin Dr. Anja Weiß
Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 394996186
 
Professionen gelten als dritte Form der Regulation neben Staat und Markt, weil sie sich auf Wissen stützen, über dessen Wert in heterarchischen kollegialen Netzwerken entschieden wird. Inwiefern professionelles Wissen und damit professionelle Selbstregulation nationale Grenzen überschreiten, wird damit zu einer Schlüsselfrage der soziologischen Grundlagenforschung zu Globalisierung.Das Projekt entwickelt eine empirisch fundierte Theorie dazu, wie Wissen und Praxis der medizinischen Profession nationale Grenzen überschreiten. Medizinisches Wissen wird einerseits als universell angesehen, weil es sich auf naturwissenschaftliche Evidenz beruft, weil viele Ärzte migriert sind und sich das medizinische Feld zunehmend standardisiert. Zugleich sind Gesundheitswesen und medizinische Ausbildung nationalstaatlich organisiert und die Arzt-Patient-Beziehung folgt u.a. auch lokalen Logiken, so dass medizinisches Wissen auch partikular sein könnte. In Anlehnung an Robertsons (1992) Begriff der Glokalisierung betrachtet das Projekt sowohl die universalisierenden Tendenzen medizinischen Wissens als auch folgt es einem pragmatistischen Verständnis von Wissen als situierte Antwort auf sozial-materielle Probleme. Ziel der Forschung ist es, das Verhältnis von universell vs. partikular, lokal vs. global genauer zu bestimmen.Die empirische Studie konzentriert sich auf die Behandlung einer Krankheit: chronische systolische Herzinsuffizienz (CSHF). Eine makrosoziologische Teilstudie untersucht, wie transnationale Professionsverbände Behandlungsstandards für CSHF setzen bzw. wie Standards diffundieren. Ein mikrosoziologischer Projektteil beobachtet die Behandlung von simulierten Patienten, um zu untersuchen wie die impliziten Anteile professionellen Wissens durch Standards - oder auch Skripte - informiert werden. Um die soziale und geographische Distanz zwischen den Beobachtungen zu maximieren, erfolgen die Beobachtungen an vier Universitätskrankenhäusern (Essen, Beijing, Maastricht/NL, Hacettepe/TR).Das Projekt leistet einen Beitrag zur soziologischen Grundlagenforschung über Globalisierungsprozesse. Durch eine ganze Reihe von Vergleichen können universalisierende Tendenzen identifiziert und auf die Diffusion von Standards und verschiedene Formen von Mobilität und Vernetzung zurückgeführt werden. Dadurch, dass die Vergleiche in transnationale und nationale Kontexte eingebettet werden, kann das Projekt nachvollziehen, wie professionelles Wissen partikular bzw. an spezifische Orte gebunden bleibt, z.B. weil es divergierenden Standards folgt, es in nationale Gesundheitssysteme eingebunden ist oder sich epistemische und sprachliche Communities sowie die Position in Migrationsnetzwerken unterscheiden. Die grundlagentheoretische Ausrichtung des Projekts wird durch Beiträge zur angewandten Forschung im Bereich der Internationalisierung medizinischer Bildung und zur internationalen Kooperation von Ärzten ergänzt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug China, Niederlande, Türkei
 
 

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