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Heterogene Widerstandskulturen: Sprachliche Praktiken des Sich-Widersetzens von 1933 bis 1945

Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 395401005
 
Im Projekt soll auf der Basis eines repräsentativen volltextdigitalisierten Korpus umfassend ermittelt werden, wie Sprache eingesetzt wird, um Widerstand auszuüben, welche Sprachgebrauchsmuster dort nachweisbar sind und welche Leistungen diese erbringen. Zentrale Dokumente des deutschen Widerstands zwischen 1933 und 1945 wurden in sprachwissenschaftlichen Forschungen zum Nationalsozialismus trotz wiederholter Verweise auf ein entsprechendes Forschungsdesiderat bisher allenfalls punktuell untersucht. Bei dem Vorhaben soll insbesondere die Heterogenität der Widerstandskommunikation systematisch berücksichtigt werden, die sich zum einen durch die Bindung an jeweils unterschiedliche soziale und/oder politische Milieus, zum anderen durch die je unterschiedliche Akteursposition und zum dritten durch eine jeweils unterschiedliche Auseinandersetzung mit dem NS-Machtapparat und der zunehmend integrierten Gesellschaft erklärt, deren Sprachgebrauch im Projekt von Heidrun Kämper untersucht wird. Zur Analyse von Widerstandstexten wird auf Basis schon vorhandener Ansätze zu einer handlungsorientierten Diskursanalyse ein eigenständiges mehrdimensionales Modell entwickelt, das unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen von der textlichen Oberfläche ausgehend Handlungsmuster (so Handlungen der Wirklichkeits-, Identitäts- und Beziehungskonstitution sowie Handlungen des Wider-spruchs, des Widerlegens und der Gegenwehr) und deren Veränderung erschließt. In methodischer Hinsicht ist das Forschungsvorhaben grundsätzlich der linguistischen Hermeneutik verpflichtet. Das Projekt sieht jedoch auch eine Verknüpfung von quantitativen und qualitativen Verfahren vor, deren Einsatz auf der Grundlage des Analysemodells erfolgt.Die Untersuchung der Widerstandskommunikation trägt zwar den in der Zeitgeschichte ermittelten Ergebnissen Rechnung, zielt jedoch auf eine eigenständige sprachwissenschaftliche Profilierung der Widerstandsthematik ab und eröffnet folgende Perspektiven: Sie erlaubt, Widerstand nicht nur im Sinne einer Widerstandsaktivität, etwa gemäß der gängigen Unterteilung in einen aktiven und einen passiven Widerstand, zu verstehen, sondern ihn auch vom Sprachgebrauch her zu erschließen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Mustern der öffentlichen Kommunikation des NS-Apparates und zum Sprachgebrauch der integrierten Gesellschaft nachzuweisen. Die mit dem Projekt verbundene Untersuchung der Indienstnahme vorgängiger Praktiken und dadurch vermittelter Diskurse zeigt einerseits die Traditionsbindung des widerständigen Sprachgebrauchs an, andererseits schärft sie den Blick für eine Traditionsentbindung bzw. für die Veränderungen des Sprachgebrauchs unter den Bedingungen des Totalitarismus.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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