Untersuchungen zur kardialen Regeneration im embryonalen Herzen bei Mäusen mit herzspezifischer Inaktivierung des Hccs Gens
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das erwachsene Säuger-Herz besitzt eine ungenügende Fähigkeit zur Regeneration, so dass myokardiale Schäden im Verlauf verschiedener Herzerkrankungen zu einem irreversiblen Verlust von Herzmuskelzellen führen. Im Gegensatz dazu zeigten unsere bisherigen Studien, dass das embryonale Herz eine bemerkenswerte Regenerationsfähigkeit besitzt und den funktionellen Verlust von bis zu 50% der kardialen Zellen kompensieren kann. Als Grundlage hierfür diente ein Mausmodell, in dem das X-chromosomal lokalisierte Gen für die Holocytochrom c Synthase (Hccs) spezifisch im Herzen inaktiviert wurde. Hccs kodiert für ein Enzym, das für den Ablauf der mitochondrialen Atmungskette und somit für die zelluläre Energiegewinnung essentiell ist. Während die herzspezifische Inaktivierung von Hccs in hemizygoten männlichen Mäusen embryonal letal ist, entwickeln sich heterozygote (Hccs +/-) Weibchen normal, überleben bis zur Geburt und zeigen auch danach meist keinen kardialen Phänotyp. Aufgrund der zufälligen Inaktivierung eines der beiden X-Chromosomen in weiblichen Zellen würde man im Herzen heterozygoter Weibchen ein Mosaik aus Zellen erwarten, die entweder das mutierte X inaktivieren und daher normal sind oder solchen, die das gesunde X inaktivieren und damit den Defekt in der mitochondrialen Atmungskette tragen. Tatsächlich liegen in Hccs +/- Weibchen im Verlaufe der Embryonalentwicklung nach der Hälfte der Gestationszeit wie erwartet jeweils 50% gesunde und 50% Hccs-defiziente und damit funktionell defekte Zellen im Herzen vor. Der Anteil letzterer wird jedoch bis zur Geburt auf 10% reduziert, so dass die Population der gesunden Zellen ein funktionstüchtiges Herz regenerieren kann. Die Entschlüsselung der zugrundeliegenden molekularen und zellulären Mechanismen dieser embryonalen Herzregeneration war Ziel dieses Forschungsvorhabens, wobei die erwarteten Ergebnisse langfristig neue therapeutische Ansätze für die regenerative und zellprotektive Therapie bei Erkrankungen des adulten Herzen aufzeigen sollen. Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass der Aufbau des pränatalen Hccs +/- Herzens vor allem durch eine deutlich gesteigerte Proliferation der intakten Kardiomyozyten gewährleistet wird, die dadurch den funktionellen Verlust der defekten Zellen kompensieren. Interessanterweise kommt es zu keiner aktiven Eliminierung der defekten Kardiomyozyten, obwohl sie aufgrund der mitochondrialen Dysfunktion eine Reihe von Zelltod-Stimuli erfahren. In der Tat konnte die Aktivierung initialer Stadien des programmierten Zelltodes (Apoptose) in Hccs-defizienten Zellen des embryonalen Herzen nachgewiesen werden, jedoch wird dieser nicht ausgeführt. Das Überleben der Zellen wird dabei durch eine bemerkenswerte Stressantwort gesichert, die zur Aktivierung einer Vielzahl von zellprotektiven und antiapoptotischen Mechanismen führt. Dabei spielen sowohl Maßnahmen zur Neutralisierung reaktiver Sauerstoffverbindungen, zur Wiederherstellung einer korrekten Proteinbiosynthese, zur Aufrechterhaltung eines normalen mitochondrialen Milieus sowie zur Inhibierung von Zelltod-Kaskaden eine Rolle. Diese Daten legen nahe, dass das Überleben der Hccsdefizienten Kardiomyozyten für den Ablauf der embryonalen Herzregeneration essentiell ist, da sie möglicherweise entweder als Gerüst oder als direkter Proliferationsstimulus für die gesunden Zellen dienen. Um zu untersuchen, ob die zellulären Schutzmechanismen auch in postnatalen Kardiomyozyten aktiviert werden können, wurde die Inaktivierung von Hccs im adulten Herzen untersucht. Dabei zeigte sich, dass die betroffenen Tiere innerhalb weniger Wochen eine Herzinsuffizienz einhergehend mit einer massiven myokardialen Fibrose als Hinweis für den Untergang von Kardiomyozyten entwickelten. Interessanterweise konnten eine Reihe der im embryonalen Herzen identifizierten zellulären Schutzmechanismen im adulten Herzen als Reaktion auf eine mitochondriale Dysfunktion nicht detektiert werden. Dieser Verlust an Kardioprotektion im postnatalen Herzen könnte maßgeblich an der Sensibilität der Kardiomyozyten gegenüber Stress und damit an der Krankheitsanfälligkeit des adulten Herzen beteiligt sein. In einem weiteren Teil des Forschungsvorhabens sollten die Auswirkungen der embryonalen Herzregeneration auf die ventrikuläre Pumpfunktion untersucht werden. Überraschenderweise ist diese unter Basalbedingungen weder in embryonalen noch in postnatalen Hccs +/- Herzen eingeschränkt. Dennoch zeigten sich Folgen der embryonalen Herzregeneration für das postnatale Herz, das bei der Geburt deutlich unterentwickelt ist und eine reduzierte Masse sowie eine signifikant verringerte Zahl an Kardiomyozyten besitzt. Diese Hypoplasie wird jedoch in den ersten Lebenswochen durch ein gesteigertes Größenwachstum (Hypertrophie) der Kardiomyozyten ausgeglichen, so dass die Hccs +/- Herzen in adulten Stadien eine normale Größe erreichen. Um zu untersuchen, ob die gestörte Embryonalentwicklung Auswirkungen auf die Reaktion des adulten Herzen auf pathologische Bedingungen hat, wurden verschiedene kardiale Stressmodelle durchgeführt. Herzen, die die embryonale Herzregeneration durchlaufen hatten, zeigten dabei unter Belastung keine Verschlechterung der Herzfunktion im Vergleich zu Kontrollen. Auf zellulärer und molekularer Ebene offenbarte sich jedoch eine Reihe von Unterschieden, die sich vor allem in der Morphologie der Kardiomyozyten, der Gewebezusammensetzung sowie der Aktivierung verschiedener stressreaktiver Signalkaskaden widerspiegelte. Diese Daten deuten darauf hin, dass eine pränatale Entwicklungsstörung die Stressantwort des adulten Herzens verändert, was möglicherweise zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit im Vergleich zu normal entwickelten Herzen führt. Die Erstbeschreibung der Regeneration des embryonalen Herzen wurde im Verlauf des Projektes in einer international anerkannten Fachzeitschrift veröffentlicht, woraufhin in über 60 nationalen und internationalen Tageszeitungen und Online-Portalen (inklusive Spiegel-Online) darüber berichtet wurde. Weiterhin wurde der Antragsteller für diese Arbeiten 2008 mit dem Oskar-Lapp-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ausgezeichnet.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2008). Compensatory growth of healthy cardiac cells in the presence of diseased cells restores tissue homeostasis during heart development. Developmental Cell 15, 521- 533
Drenckhahn JD, Schwarz QP, Gray S, Laskowski A, Kiriazis H, Ming Z, Harvey RP, Du XJ, Thorburn DR, Cox TC
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(2009). Growth plasticity of the embryonic and fetal heart. BioEssays 31, 1288- 1298
Drenckhahn JD