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Werden frühe Einflüsse von Stress auf kognitive Prozesse über den Mineralokortikoid-Rezeptor oder den Glukokortikoid-Rezeptor vermittelt?

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 396346610
 
Stress beeinflusst wesentliche physiologische und psychische Prozesse und führt zu einer veränderten Verarbeitung von Informationen. Diese Effekte werden hauptsächlich über zwei verschiedene physiologische Systeme vermittelt: das schnell reagierende katecholaminerge System und das langsamer reagierende Glukokortikoid-System, mit Kortisol als dem beim Menschen hauptsächlich wirkaktiven Hormon. Aufbauend auf dem Modell von Hermans et al. (2014) liegen akuten Stresseffekten auf Hirnebene zwei gegenläufige Netzwerke zugrunde. Das Salienz-Netzwerk vermittelt eine schnelle Mobilisierung von Energie und eine nach außen fokussierte Aufmerksamkeit, insbesondere für potentiell bedrohliche Reize. Unmittelbar nach Stressexposition werden diesem Netzwerk vermehrt Ressourcen zugeteilt, mit einer dadurch bedingt verstärkten Aktivierung über einen Zeitraum von zirka 1h. In diesem Zeitfenster kommt es zu einer Inhibition des Exekutiv-Netzwerks, welches geplantem und zielgerichtetem Denken und Handeln zugrundeliegt. Diese Verschiebung in der Ressourcenverteilung wird initial und innerhalb von Sekunden durch katecholaminerge Effekte vermittelt, wobei nach wenigen Minuten schnelle Auswirkungen von Kortisol ergänzend hinzukommen, welche die Effekte der Katecholamine modulieren. Kortisol überwindet die Blut-Hirn-Schranke und bindet im Gehirn an zwei verschiedene Rezeptor-Typen: den Glukokortikoidrezeptor (GR) und den Mineralokortikoidrezeptor (MR). Während der GR im Gehirn eine breite Verteilung aufweist, findet sich der MR überwiegend in limbischen Strukturen sowie dem präfrontalen Kortex, d.h. Hirnregionen mit hoher Bedeutung für kognitive und emotionale Prozesse. Zahlreiche Tier- und Humanstudien konnten einen Einfluss des Membran-gebundenen MR bei der Vermittlung früher Stresseffekte sowie eine Rolle bei schnellen Kortisoleffekten aufzeigen. Obgleich diese frühen Effekte allgemein dem MR zugeschrieben werden, liegen aus aktuellen tierexperimentellen Studien Befunde vor, die eine Rolle des GR nahelegen. Diese werden auch potentiell über membranständige GR auf nicht-genomischen Weg herbeigeführt. Diese nach Funktion und Hirnregion spezifischen Effekte sollten sich zwischen beiden Rezeptortypen unterscheiden. Es ist davon auszugehen, dass über den GR eher eine Verringerung und über den MR eher eine Verstärkung von neuronaler Aktivierung vermittelt wird. In der von uns projektierten Studie planen wir eine systematische Untersuchung der MR- bzw. GR-vermittelten Rezeptorspezifität verschiedener emotionaler und kognitiver Verarbeitungsprozesse. Diese können schwerpunktmäßig dem Salienznetzwerk (Aufmerksamkeitshinwendung zu bedrohlichen Reizen: emotional Dot-Probe), dem Exekutivnetzwerk (Arbeitsgedächtnis: n-back) oder aber beiden Netzwerken zugeordnet werden (Entscheidungen in Risikosituationen: Balloon Analogue Risk Task). Dies wäre die erste systematische Untersuchung der differentiellen Beteiligung beider Rezeptorsysteme an den genannten kognitiven Prozessen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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