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Muschelschalen-Mikrostrukturen - ein neuartiger Proxy für Meerestemperaturen

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 396561397
 
Quantitative, jährlich und höher aufgelöste Rekonstruktionen von Ozeantemperatur und Salzgehalt der letzten Jahrhunderte bis Jahrtausende gehören zu einem Desiderat der Paläoklimatologie. Solche Daten sind essentiell, um die Rolle des Ozeans im globalen Klimawandel besser zu verstehen und numerische Klimamodelle zu optimieren. Eines der vielversprechendsten Archive, das solche Informationen aus praktisch jedem beliebigen Bereich des Ozeans liefern kann, hat jüngst viel Aufmerksamkeit erregt: Schalen von Muscheln, insb. langlebige Arten (> 30 Jahre alt).Trotz großer Fortschritte in der Muschel-Sclerochronologie-Forschung in jüngerer Zeit, bleibt die quantitative Rekonstruktion der Wassertemperatur mittels Schalen aber eine große Herausforderung. Beispielsweise speichert der am meisten verwendete und allgemein anerkannte Proxy, d.i. der Sauerstoffisotopenwert der Schalen gleichzeitig Änderungen der Temperatur und des Sauerstoffisotopenwerts des Wassers (korreliert mit dem Salzgehalt) auf. Um Temperaturen aus Sauerstoffisotopenwerten der Schalen zu rekonstruieren, muß der Salzgehalt (oder die Isotopensignatur des Wassers) bekannt sein. Diese Information ist aber mangels geeigneter Proxies für vergangene Lebensräume praktisch nicht verfügbar.Kürzlich haben wir gezeigt, daß die Mikrostruktur von Schalen der kurzlebigen Cerastoderma edule Temperaturinformationen enthält (Milano et al. 2017). Mit steigender Temperatur werden die Biominerale größer und langgestreckter. Unsere Studie ist jüngst durch Gilbert et al. (2017) anhand verschiedener Arten von Atrina und Pinna bestätigt worden, demzufolge die Dicke der Perlmutt-Täfelchen dieser ebenfalls schnellwüchsigen, rel. kurzlebigen Muscheln ebenfalls positiv mit der Temperatur korreliert ist. Das neue Paläothermometer bietet gegenüber vorhandenen eine Reihe von Vorteilen: (i) Der Größenzuwachs der Biominerale folgt thermodynamischen Erwartungen. (ii) Der neue Temperaturproxy kann bei guterhaltenen Fossilien angewendet werden. (iii) Sobald die Bildverarbeitungssoftware auf die Erkennung der Biomineraleinheiten konditioniert ist, können viele Messungen in kurzer Zeit durchgeführt werden. Mittels solch unabhängig ermittelter Temperaturen lassen sich aus Sauerstoffisotopenwerten der Schalen Salzgehalte errechnen.Das Hauptziel des geplanten Projekts besteht in der Entwicklung von Transferfunktionen mit deren Hilfe sich Ozeantemperaturen aus morphologischen Daten von Schalenmikrostrukturen langlebiger Muscheln quantitativ rekonstruieren lassen. Bislang ist diese Methode lediglich an wenigen kurzlebigen Arten mit kreuzlamellaren und Perlmutt-Texturen evaluiert worden. Für die breite Anwendung in der Paläoklimatologie muß die neue, einfach verwendbare und aussichtsreiche Methode an langlebigen Muschelarten (mit unterschiedlichen Mikrostrukturen) extratropischer Lebensräume getestet und kalibriert werden. Ergebnisse der geplanten Studie werden die Muschel-Sclerochronologie signifikant voranbringen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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