Untersuchung der Rückfederungskompensation beim Blechbiegen mittels inkrementeller Druckspannungsüberlagerung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war die Erarbeitung von wissenschaftlich fundiertem Grundlagenwissen über die Minimierung der Rückfederung beim Biegen durch eine inkrementelle Druckspannungsüberlagerung in der Umformzone sowie die Umsetzung in ein neuartiges Biegeverfahren, mit dem maß- und konturgenaue Biegeteile sowohl aus hochfesten Blechwerkstoffen als auch aus Tailored Blanks flexibel und wirtschaftlich herstellbar sind. In der ersten Förderperiode wurden zunächst grundlegende experimentelle und numerische Untersuchungen zur Erlangung eines umfassenden Prozessverständnisses durchgeführt. Von besonderem Interesse waren die Zusammenhänge zwischen relevanten Prozessparametern und erzielter Rückfederung sowie der während des Prozesses ablaufenden umformtechnischen Vorgänge. Es konnte gezeigt werden, dass infolge der Druckspanungsüberlagerung eine vollständige Plastifizierung des Werkstoffs im Bereich der Umformzone sowie eine deutliche Reduktion der tangentialen Zugspannungen stattfindet. Diese beiden Effekte führen zu einer erheblichen Verringerung der Rückfederung. Ferner stellt die Herabsetzung der tangentialen Zugspannung eine Möglichkeit zur Erweiterung der Formänderungsgrenzen dar, da eine Zugbeanspruchung die Rissbildung begünstigt. Dieser Aspekt ist besonders interessant für das Biegen von höherfesten, wenig duktilen Leichtbauwerkstoffen, die zu einer frühzeitigen Rissbildung neigen. Zudem zeigten sich eine homogene Verfestigung und ein nahezu konstanter Biegewinkel längs der Biegeachse, was eine hohe Form- und Maßgenauigkeit erwarten lässt. Die Untersuchungen zum Spannungszustand wurden in der zweiten Förderperiode fortgeführt und auf eine dreidimensionale Betrachtung ausgeweitet. Dabei wurde festgestellt, dass bei ausreichender Belastung während des Rollvorgangs eine lokale Entlastung im Bereich der Einflusszone der Rolle stattfindet, bevor das Bauteil vom Stempel vollständig entlastet wird. Dies bewirkt gleichfalls eine Verringerung der Rückfederung. Die verbleibende Rückfederung ist auf die elastische Belastung in den Blechschenkeln zurückzuführen. Des Weiteren konnte in experimentellen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass beim Biegen von belastungsangepassten Blechen das bereichsweise unterschiedliche Rückfederungsverhalten durch die inkrementelle Spannungsüberlagerung ausgeglichen werden kann. Obwohl die Blechdickenverläufe bzw. das Verfestigungsverhalten längs der Biegeachse einen sprunghaften Verlauf aufweisen, stellen sich durch die lokale Druckaufbringung nahezu konstante Biegewinkel und Rückfederungswerte nach dem Umformvorgang ein. Wie numerische Untersuchungen in der dritten Förderperiode gezeigt haben, liegt der Grund für dieses Verhalten in der Reduzierung der Biegespannungen durch die Drucküberlagerung auf ein einheitliches, niedriges Niveau, unabhängig von Werkstoff und Blechdicke. Damit können beim Biegen von Tailored Blanks mit Druckspannungsüberlagerung die sonst notwendigen Kalibrierungen und Sonderwerkzeuge entfallen. Zudem ist dieses Phänomen interessant im Hinblick auf andere neue heterogene Werkstoffsysteme mit gradierten Werkstoffeigenschaften längs der Biegekante. In der letzten Förderperiode wurden auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse analytische Berechnungsansätze zur Auslegung und Steuerung des Prozesses entwickelt. Zum einen sind derartige Berechnungsansätze Voraussetzung für einen späteren Einsatz des Verfahrens. Zum anderen tragen sie durch ihre analytische Basis zu einem nachhaltigen Verständnis der verschiedenen Mechanismen des Prozesses und der Übertragbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse bei. Als Grundlage für die Prozessauslegung und intelligente Steuerung des Prozesses wurden analytische Berechnungsansätze entwickelt, mit denen sowohl die tatsächliche Rückfederung vorausgesagt werden kann als auch die Prozessparameter bestimmt werden können. Für die Abbildung der Freibiegephase wurde auf vorhandene halbanalytische Berechnungsansätze zurückgegriffen, die im Rahmen früherer Forschungsarbeiten entwickelt worden waren. Für die Abbildung der Phase der Spannungsüberlagerung wurden Modellansätze zur Bestimmung der Reduktion der Biegespannung infolge der Spannungsüberlagerung, der Verteilung der Kontaktspannung zwischen Druckrolle und Blech und der resultierenden Rückfederungsreduktion entwickelt. Diese Ansätze bilden den Biegevorgang realitätsnah ab und liefern gleich gute Ergebnisse wie die aufwendigeren FE-Modelle. Der abschließende Vergleich mit anderen Umformverfahren mit Spannungsüberlagerung zeigte, dass die punktuelle Druckaufbringung wesentlich geringere Kräfte bzw. Drücke erfordert und damit sehr vorteilhaft für die Umformung höherfester Werkstoffe ist. Ferner ist im Gegensatz zu den anderen Verfahren eine differenzierte, an gradierte Blecheigenschaften angepasste Druckaufbringung möglich, sodass lokale Inhomogenitäten ausgeglichen werden können. Das Biegen mit inkrementeller Druckspannungsüberlagerung stellt sich damit als ein äußerst flexibles Verfahren zum Biegen von hochfesten Werkstoffen und belastungsangepassten Blechen ohne zusätzliche kostenintensive Spezialwerkzeuge dar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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New incremental methods for springback compensation by stress superposition. International Journal of Material Forming (2009), Springer Verlag, pp 817-820
S. Chatti, M. Hermes, A. Weinrich, N. Ben Khalifa and A. E. Tekkaya
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New incremental methods for springback compensation by stress superposition. Production Engineering (2009), Volume 3, Number 2, Springer Verlag, pp 137-144
M. Kleiner, A. E. Tekkaya, S. Chatti, M. Hermes, A. Weinrich, N. Ben Khalifa and U. Dirksen
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Springback compensation by superposition of stress in air bending. 13th International Conference on Sheet Metal, April 6- 8, 2009 in Birmingham, GB, pp 621-628
A. Weinrich, N. Ben Khalifa, S. Chatti, U. Dirksen and A. E. Tekkaya
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Umformen von metallischen Leichtbauwerkstoffen. Handbuch Leichtbau – Methoden, Werkstoffe, Fertigung, Band 3, herausgegeben bei Möller, Hanser Verlag (2011), S. 477-529
S. Chatti, D. Pietzka, A. Selvaggio, M. Trompeter, A. E. Tekkaya
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Experimental and numerical investigations on incremental stress superposition on air bending. International Steel Research Special Edition 14th International (2012), pp 423-426
A. Weinrich, M. Hermes, S. Chatti und A.E. Tekkaya
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Innovative Umformverfahren für Rohre, Profile und Bleche aus modernen Stahlwerkstoffen. Stahl und Eisen (2012) Volume 8, S. 47-54
D. Staupendahl, Ch. Becker, A. Weinrich, M. Hermes und A. E. Tekkaya
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Analysis of the potential of incremental stress superposition on air bending. Key Engineering Materials, Vols. 622-623 (2014), pp 1173-1180
A. Weinrich, Ch. Becker, F. Maevus, S. Chatti, A.E. Tekkaya
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Bending of tailored blanks using elastic tools. Advanced Materials Research, Vol. 1018 (2014), pp 301-308
A. Weinrich, Ch. Becker, F. Maevus, S. Chatti, A.E. Tekkaya