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Schlafmangel und Kompensationseffekte in Verhandlungen

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung seit 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 399229969
 
Verhandlungen spielen eine wichtige Rolle zur Lösung von Konflikten in zahlreichen sozialen Kontexten, Beispiele sind Koalitionsverhandlungen oder Tarifverhandlungen. Häufig werden derartige Verhandlungen in einem Zustand akuten Schlafmangels vorgenommen (z.B. die Brexit-Verhandlungen oder die Bund-Länder-Verhandlungen zu Corona-Maßnahmen). In dem Forschungsprojekt „Effekte von Schlafmangel in Verhandlungen mit integrativem Potential“ haben wir erstmalig den Einfluss von Schlafmangel in Verhandlungen systematisch empirisch überprüft. Ausgangspunkt des Projektes war die Annahme, dass Schlafmangel die Nutzung des integrativen Potentials in Verhandlungen verringert. Ein integratives Potential ergibt sich dabei aus unterschiedlichen Prioritätsstrukturen der Verhandlungspartner:innen bezüglich unterschiedlicher Punkte, über die verhandelt wird. Diese müssen erkannt und über einen Prozess wechselseitiger Zugeständnisse genutzt werden, damit ein höheres gemeinsames Verhandlungsergebnis erzielt werden kann. Wir argumentierten, dass Schlafmangel über eingeschränkte kognitive Kapazitäten, reduzierte epistemische Motivation sowie eingeschränkte Perspektivenübernahme zu suboptimalen Einigungen führt. In zwei aufwendigen kontrollierten Laborstudien mit experimentell induzierter Schlafdeprivation von einer Nacht und simulierten Verhandlungen am nächsten Morgen zeigte sich allerdings keine Evidenz für den postulierten negativen Effekt von Schlafmangel auf die Nutzung integrativer Potentiale. Dabei fanden sich Hinweise, dass schlafmangelinduzierte Defizite in dem sozialen Kontext einer Verhandlung durch höhere Anstrengung kompensiert worden sein könnten. Eine qualitative Interview-Studie mit deutschen Politiker:innen (u.a. Bundestagsabgeordnete, Landtagsabgeordnete, Kabinettsmitglieder, Bürgermeister:innen), die über einschlägige Erfahrungen mit Verhandlungen unter Schlafmangel verfügen, bestätigt diese Interpretation und gibt Einblicke in konkrete Kompensationsstrategien, die zur Überwindung negativer Effekte von Schlafmangel in Verhandlungen eingesetzt werden. In dem Fortsetzungsprojekt soll nun der Nullbefund und dessen Interpretation überprüft werden. Hierzu soll zunächst eine testpowerstarke Studie mit nochmals verbesserter ökologischer Validität durchgeführt werden. Geplant ist eine deutlich längere Verhandlungsdauer über mehrere Runden. Sollte sich in dieser Studie der postulierte Effekte finden, werden wir in einer zweiten Studie die angenommenen zugrundeliegenden Mechanismen (kognitive Kapazitäten, epistemische Motivation und Perspektivübernahme) überprüfen. Sollte die erste Studie einen Nullbefund zeigen, werden wir in der zweiten Studie eine systematische Untersuchung von Kompensationsmechanismen vornehmen. Das Fortsetzungsprojekt wird somit die Frage klären, ob Schlafmangel unter ökologisch hoch validen Umständen einen negative Effekt auf Verhandlungen hat und wie solche negativen Effekte konkret kompensiert werden können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Großbritannien
Kooperationspartnerin Professorin Dr. Nadira Faber
 
 

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