Auswirkungen evaluativer Konditionierung auf die frühe sensorische Reizverarbeitung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bei affektiven Einstellungen handelt es sich um gelernte Prädispositionen, sich konstant positiv oder negativ gegenüber einem Objekt zu verhalten, die sich durch evaluative Konditionierung relativ leicht verändern lassen. Dabei verändert sich die Bewertung von ursprünglich neutralen Reizen durch das räumliche oder zeitliche Aufeinandertreffen mit einem Reiz positiver oder negativer Valenz. Neuere Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass evaluatives Konditionieren in den meisten Fällen nur dann auftritt, wenn die Reizpaarungen bewusst erkannt und erinnert werden. In diesem Projekt wurde untersucht, inwiefern sich erlernte Bewertungsdispositionen wiederum auf die sensorische Verarbeitung der Reize auswirken. Dabei gehen wir davon aus, dass das Ausmaß an Aufmerksamkeit, das auf einen Reiz gerichtet wird, von früheren Lernerfahrungen (z.B. durch evaluative Konditionierung) abhängt. Konkret sollte untersucht werden, ob verschiedene Parameter visueller Aufmerksamkeit und prä-attentiver Wahrnehmung durch evaluative Konditionierung verändert werden können. Mit einem Paradigma zur Messung des ikonischen Gedächtnisses zeigten wir, dass Stimuli, die zuvor mit negativen oder positiven unkonditionierten Reizen gepaart wurden, schneller aus dem ikonischen Gedächtnis ausgelesen werden könnten als Stimuli, die mit neutralen Reizen gepaart wurden. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass sich evaluative Konditionierung nicht nur auf die affektive Bewertung von Reizen, sondern auch frühe sensorische Verarbeitungssprozesse (dem Auslesen von Information aus dem sensorischen Gedächtnis) auswirkt. In weiteren Experimenten konnten wir zudem zeigen, dass auch die top-down-gesteuerte visuelle Suche durch evaluative Konditionierung der Zielreize beschleunigt werden können, was für einen Einfluss ebenfalls auf spätere Aufmerksamkeitsprozesse spricht. In anderen Aufgaben zur Messung der räumlichen Ausdehnung von Aufmerksamkeit (Useful Field of View Paradigma) zeigten sich dagegen keine Einflüsse evaluativer Konditionierung. Die Ergebnisse werden aktuell noch aufbereitet, um daraus ein theoretisches Modell evaluativer Konditionierung zu entwickelt werden, in dem die Valenzverschiebungen als Verknüpfungen zwischen perzeptuellen bzw. attentiven Signalen und affektiv-motorischen Reaktionen verstanden werden.