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Soziale Erfahrung und die Etablierung von Verhaltenssyndromen bei Grillen - neue Einsichten zur Rolle von Serotonin bei Aggression, “Persönlichkeit” und Depression-ähnlichen Phänomenen

Fachliche Zuordnung Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 400443783
 
In den letzten Jahren wurde zunehmend erkannt, dass Individuen derselben Tierart, darunter auch Wirbellose, konstante Unterschiede in ihrem Verhalten aufweisen (oft als “Persönlichkeit” bezeichnet). Darüber, wie sich diese inter-individuellen Unterschiede ergeben, ist jedoch sehr wenig bekannt. Unsere neuesten publizierten Arbeiten und Vorarbeiten an männlichen Grillen zeigen, dass soziale Erfahrungen eine entscheidende Rolle spielen. Wie bei vielen Tierarten werden Grillen, die einen einzelnen Kampf gegen einen Artgenossen gewinnen, aggressiver, während Verlierer sich submissiv verhalten. Beide Verhaltensänderungen sind aber nur von kurzer Dauer (20 min bzw. 3 h). Dennoch führt die Erfahrung von mehreren aufeinanderfolgenden Niederlagen (“chronic social defeat”) ähnlich wie bei Säugetieren auch bei Grillen zu einer langanhaltenden Submissivität (>24 h, möglicherweise lebenslang). Darüber hinaus führen Sieger- und Verlierer-Erfahrungen zu langfristigen Veränderungen der allgemeinen Motilität, des Explorationsverhaltens, sowie der motorischen Antwort auf taktile Reizung. Wir haben bereits in mehreren Publikationen gezeigt, dass die Hyperaggressivität von Gewinnern durch das biogene Amine Oktopamin vermittelt wird, und auch, dass die Submissivität bei Verlierern ein Resultat der Aktivierung des Stickstoffmonoxid-Signalwegs ist. Unser Ziel ist es nun, die Rolle solcher Neuromodulatoren bei der Etablierung langfristiger, erfahrungsbedingter Verhaltensänderungen aufzuklären. Unsere Vorarbeiten zeigen, dass die durch multiple soziale Niederlagen induzierte langanhaltende Depression durch das Zusammenwirken von Stickstoffmonoxid und Serotonin zustande kommt. Dieses Resultat stellt einen seltenen Einblick in die natürliche Funktion von Serotonin im Aggressionsverhalten dar, welche derzeit weder bei Wirbellosen noch bei Säugetieren genau verstanden wird. Bei Säugetieren, einschließlich des Menschen, werden chronische soziale Niederlagen als Stressfaktor angesehen, welche durch bisher noch ungeklärte Mechanismen Symptome von Depression hervorrufen können. So hat unsere Arbeit nicht nur das Potenzial, "Persönlichkeit" bei Tieren als eine durch Neuromodulatoren vermittelte Form von erfahrungsbedingter Plastizität zu entschlüsseln, sondern auch neue Einblicke in die Rolle von Serotonin in depressionsähnlichen Phänomenen zu liefern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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