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Funktionelle Aspekte des minimalen Selbst – der Fall Schizophrenie
Antragstellerinnen / Antragsteller
Dr. Laura Kaltwasser; Dr. Martin Voss
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung seit 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 402791089
Das Gesamtziel dieses Projekts ist eine umfassende und detaillierte Erfassung der Störungen des minimalen Selbst bei Schizophrenie-Patienten. Zudem werden experimentelle Daten von Patienten und gesunden Probanden in einer neurobiologischen Simulation modelliert, um allgemeine Prinzipien der Entwicklung eines aktiven Selbst zu gewinnen. Schizophrenie ist eine schwerwiegende psychische Störung, bei der Veränderungen des Selbst in Form von einer Desintegration der Subjektivität (sog. Selbst-Störungen) auftreten. Patienten berichten von einem stetigen Gefühl der Selbsttransformation und -entfremdung sowie eine Durchlässigkeit der Grenzen des Selbst. Symptome beinhalten miteinander in Beziehung stehende Störungen des Denkens, der Selbstwahrnehmung, der Leiblichkeit, der Demarkation des Selbst sowie eine existentielle Reorientierung. Sie können im Detail mithilfe des „Examination of Anomalous Self-Experience“ (EASE; Parnas et al., 2005), einem halb-strukturierten klinischen Interview erfasst werden, welches die subjektiv empfundenen und phänomenologische Beeinträchtigungen bei Schizophrenie-Spektrum-Störungen erfasst. Eine computationale Theorie der Schizophrenie beschreibt Störungen des Selbst, des sog. Sense of Agency (SoA) und Sense of Ownership (SoO), als unpräzise Prädiktion somato-sensorischer Konsequenzen der eigenen Handlungen, was ein wesentlicher Erklärungsansatz für das Auftreten von Selbst-Störungen sein könnte. Im Projekt werden die verschiedenen Dimensionen der Selbst-Störungen in experimentellen Ansätzen, die jeweils mit einzelnen Sub-Skalen des EASE verknüpft sind, erfasst. Durch die Kombination von neurocomputationalen Modellen mit Daten aus Verhaltensexperimenten und elektrophysiologischen Daten werden wir die im DFP SPP „Das handelnde Selbst“ zuvor gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern entwickelten experimentelle Paradigmen fortführen und erweitern und an Patienten mit Schizophrenie (ICD-10: F20.0) und gesunden Probanden anwenden. In interdisziplinären Kooperationen während der zweiten Förderperiode werden wir experimentelle Daten des veränderten SoA und SoO in Patienten mit Schizophrenie verwenden, um die Prozesse gestörter Prädiktion sensorischer Signale in einem anatomisch plausiblen neurobiologischen Modell sowie einem Roboter zu untersuchen.Die Modellierung einer den Symptomen der Schizophrenie ähnelnden gestörten Selbst-Wahrnehmung in einem neurocomputationalen Modell sowie Roboter stellt einen weltweit einzigartigen Ansatz dar. Dieses „Läsionsmodell“ der Selbststörung wird unser Wissen über wesentliche Mechanismen der Entwicklung eines Selbst erweitern. Letztlich werden unsere Ergebnisse das Verständnis von Schizophrenie als Störung des grundlegenden Selbst-Empfindens verbessern und zur Entwicklung neuer Therapieformen für die Rekonstituierung des aktiven Selbst beitragen.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 2134:
Das handelnde Selbst
Internationaler Bezug
Großbritannien
Mitverantwortliche
Professorin Dr. Verena V. Hafner; Professor Dr.-Ing. Fred Henrik Hamker
Kooperationspartner
Professor Dr. Patrick Haggard