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Noradrenerge Aktivität und systemische Konsolidierung: Aufrechterhaltung der Gedächtnisspezifität?
Antragsteller
Professor Dr. Lars Schwabe
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403479502
Es wird angenommen, dass Erinnerungen über die Zeit hinweg einen Reorganisationsprozess durchlaufen, der als systemische Konsolidierung bezeichnet wird und währenddessen die Erinnerungen zumindest teilweise von hippocampalen hin zu neokortikalen Arealen transferiert werden. Diese systemische Konsolidierung ist hoch dynamisch und geht mit einer Transformation detailreicher, spezifischer Erinnerungen in eher semantische und weniger spezifische Erinnerungen einher. Ob die systemische Konsolidierung moduliert werden kann, ist jedoch noch weitestgehend unklar. Durch emotionale Erregung induzierte noradrenerge Aktivierung hat bekanntermaßen einen starken Einfluss auf die initiale Gedächtnisbildung, der über eine erhöhte Amygdalaaktivierung und infolgedessen verstärkte hippocampale Verarbeitung vermittelt wird und nicht nur zu stärkeren, sondern auch zu lebendigeren Erinnerungen führt. Wenngleich bekannt ist, dass Noradrenalin die Gedächtnisbildung fördert, so ist der Einfluss von Noradrenalin auf zeitabhängige Veränderungen in der Spezifität von Erinnerungen bisher unbekannt. Basierend auf aktuellen tierexperiementellen Daten sagen wir vorher, dass gesteigerte noradrenerge Aktivität nach der Enkodierung den systemischen Konsolidierungsprozess verändert (möglicherweise gar umkehrt) und so die Erinnerungen länger spezifisch und Hippocampus-abhängig hält. Um diese Hypothese zu prüfen, erhalten gesunde Freiwillige ein Placebo oder den α2-Adrenozentorantagonisten Yohimbin, der zu gesteigerter noradrenerger Aktivierung führt, nachdem sie eine Reihe neutraler und emotionaler Bilder enkodiert haben. Die Gedächtnisleistung wird in einem Rekognitionstest entweder 24 Stunden oder 28 Tage nach der Enkodierung erfasst. Um die Spezifität der Erinnerung zu prüfen, enthält der Rekognitionstest neben alten und vollständig neuen Bildern auch neue Bilder, deren Hauptinhalt dem der tatsächlich enkodierten Bilder stark ähnelt, sowie neue Bilder, die den gelernten Bildern perzeptuell, aber nicht semantisch ähneln. Um die postulierte systemische Gedächtniskonsolidierung und die neuronalen Grundlagen des vermuteten Einflusses von noradrenerger Aktivierung auf die Gedächtnistransformation zu untersuchen, wird sowohl während der Enkodierung als auch während des Rekognitionstestes die funktionelle Magnetresonanztomographie genutzt. Über die hohe Relevanz mit Blick auf das grundlagenwissenschaftliche Verständnis des menschlichen Gedächtnisses hinaus, könnten die Befunde dieses Forschungsprojektes auch Implikationen für psychische Störungen haben, in denen dysfunktionale emotionale Gedächtnisprozesse zentral sind.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Niederlande
Kooperationspartner
Professor Dr. Benno Roozendaal