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Figurative Schnitte. Die Beschneidung im vormodenen Christentum
Antragsteller
Dr. Thomas Lentes (†)
Fachliche Zuordnung
Katholische Theologie
Kunstgeschichte
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung von 2018 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403801124
Die öffentliche Debatte um die Beschneidung seit 2012 zeigt, wie sehr religiöse Körpermarken auch in säkularen Gesellschaften zum zentralen Gegenstand kultureller Identitäts- und Distinktionsdiskursen werden können. Das Projekt setzt bei dieser Beobachtung an und will aus bildtheologischer, historisch-anthropologischer und religionsgeschichtlicher Perspektive christliche Deutungs- und Darstellungsmuster des jüdischen Rituals vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit offenlegen.Obschon das Christentum das Ritual der Beschneidung seit dem 1. Jahrhundert als Initationsritual in die Religion aussetzte, blieb sie dennoch in der christlichen Imagination bis weit in die Neuzeit in hohem Maße präsent: Das christliche Jahr begann mit dem Fest der Beschneidung Christi, die Vorhaut Christi wurde als Reliquie verehrt, in der Exegese galt die Beschneidung als zentrale Legitimation der christlichen, figurativen Schriftauslegung und in der Sakramentenlehre fand sie ihren Ort als zentrales vorchristliches Sakrament.Damit kann die Beschneidung nicht nur als bleibender jüdischer Schnitt in der christlichen Imagination gelten. Exegese und Sakramentenlehre, Liturgie und Betrachtungsliteratur erhoben mit der Beschneidung das jüdische Ritual immer auch zum Teil der christlichen Selbstdefinition, nicht zuletzt im Verhältnis zum Judentum.Ihre Latenz in der Christentums-Geschichte erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass sie permanent medial und figurativ umkodiert wurde: vom Körperzeichen zur hermeneutischen Figur, von der Beschneidung des Körpers zur Metapher (etwa als der Beschneidung des Herzens), vom Ritual zum Argument.Mit Schwerpunkt auf Werken der bildenden Kunst versucht das Projekt diese figurativen Umdeutungen und die mit ihnen einhergehenden Bildmodelle nachzuzeichnen. Dabei soll gezeigt werden, wie mit der Darstellung der Beschneidung visuell die unterschiedlichsten Grenzziehungen bewältigt werden sollten: von Kontinuität und Diskontinuität zwischen Judentum und Christentum, von Exklusion und Inklusion von Christen und Nicht-Christen, Rechtgläubigen und Häretikern, von Körper und Geist, von äußerem und innerem Menschen.Angestrebt ist eine Monographie, die auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sein soll.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
